Kommentar zum Verkauf der Kirche am Kolk Bitter, aber eine Chance
Wuppertal · Ja – bei diesem Thema bin ich betroffen. Die Kirche am Kolk, in deren Schatten ich aufgewachsen bin und deren 1973er und 1974er Zerstörungen ich als kleiner Junge sehr wohl mitbekommen habe, ist sozusagen „meine“ Kirche. Konfirmiert worden bin dort übrigens auch.
Da nimmt man es nicht einfach so zur Kenntnis, wenn ein Gebäude mit solch langer Geschichte und absolut innenstadtprägendem „Auftritt“, mit dem man auch noch irgendwie persönlich verbunden ist, aufgegeben werden soll. Mit einem wunderschön weißen Turm, dessen Renovierung gerade auch zu den 18 Projekten gehörte, die sich um den Wuppertaler Architekturpreis des Bundes der Architektinnen und Architekten beworben haben.
Das Interview, das im obigen Text geschildert wird, nennt auch zwei Aspekte, die ich wichtig finde. Kolk-Pfarrer Joachim Hall sagt: „Natürlich ist uns bewusst, dass der Abschied schmerzlich ist und dass es wehtut, wenn eine Kirche aufgegeben werden muss. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht.“ Und sein Kollege Pfarrer Jonathan Hong setzt noch einen drauf: „An Kirchen hängen viele Emotionen und Erinnerungen. Dazu hat der Kolk eine ganz zentrale Lage mitten in der Innenstadt. Das lässt sich nicht einfach kompensieren. Aber wir müssen uns als Gemeinde auch ganz grundsätzlich fragen, ob wir für die Menschen oder für die Gebäude da sein wollen.“
Darin stecken zwei Diskussionsfacetten: Was kann (eine) Kirche heute noch sein? Was kann aus einem Kirchengebäude in Zukunft werden?
Die nur einen Steinwurf vom Kolk entfernte (reformierte) City-Kirche zeigt da durchaus einen Weg. Aber gibt es in Elberfeld Bedarf für zwei solcher Veranstaltungsräume? Ich glaube nicht.
Wichtig bei dieser speziellen Kirchenverkaufs-Thematik – apropos Emotionen – ist aber auch: Dass viele, viele Spenden und auch öffentliche Fördergelder in die Sanierung des weithin sichtbaren Kirchturmes geflossen sind – und jetzt „plötzlich“ der Verkauf des gesamten Gebäude-Ensembles auf der Tagesordnung steht, das macht schon sehr nachdenklich. Viele Mitglieder der Gemeinde sowie Spender sind über diesen Vorgang sauer. Und zwar mit gutem Recht.
Angesichts der nicht eben geheimen Tatsache, dass es immer weniger Kirchenmitglieder (sprich: Kirchensteuerzahler) gibt, ist es auch für einen unbeteiligten Kirchensteuerzahler wie mich schwer nachvollziehbar, dass gar nicht absehbar gewesen sein soll, was für ein Finanzierungsproblem auf den Kolk zurollt. Sind die Gemeinde beziehungsweise der Wuppertaler Kirchenkreis hier in Sachen vorausschauendem Controlling nicht professionell genug aufgestellt?
Aber sei es, wie es sei: Der Kolk ist nicht die erste Kirche, die in Wuppertal verkauft und zu etwas ganz anderem wird. Der Kolk wird auch nicht die letzte Kirche mit diesem „Schicksal“ sein. Entscheidend ist jetzt: Was auch immer mit der Kirche am Kolk geschieht, es muss etwas sein, das dem geschichtsträchtigen Gebäude mit seinem architektonischen „Landmarken“-Charakter angemessen ist.
Nicht zu vergessen, was viele längst vergessen haben: 2013 und 2014 gab es mächtige Pläne zur Erweiterung der City-Arkaden um eine für Wuppertal damals neue „Primark“-Filiale. Das hätte dazu geführt, dass der gesamte Platz am Kolk mit einem gewaltigen 16.000-Quadratmeter-Beton-Komplex überbaut worden wäre. Der hätte übrigens auch die alte Post, in der heute das attraktive „Postboutique-Hotel“ zu Hause ist, gefressen.
Dieser gewaltige Beton-Komplex wäre exakt vor der Nase der Kirche am Kolk über mehrere Etagen in die Höhe gewachsen. Eine bauliche Innenstadt-Katastrophe, an der Elberfeld nur um Haaresbreite vorbeigeschrammt ist. Weil der Investor feststellte, dass sich das Ganze so doch nicht rechnet – und später den neuen Döppersberg in den Blick nahm.
Die seinerzeitige GroKo aus SPD und CDU hätte die Überbauung des Platzes am Kolk durchgewunken. In den Ausschüssen, in denen es damals darum ging, war ich live dabei.
Auch weil das alles nicht passiert ist und sich heute in der Elberfelder City mit einem autofreien Platz am Kolk und dem dortigen Hotel etwas Schönes schon entwickelt hat und noch weiter entwickeln kann, muss ein waches Auge auf die Zukunft der Kirche am Kolk gerichtet sein. Oder besser noch – ganz viele wache Augen.