Kommentar zur Lage beim WSV Gesucht: ein Konzept und die Gesichter
Wuppertal · „Der Status ist nicht zufriedenstellend“, spricht Matthias Nocke Klartext. Allerdings nicht in seiner Funktion als Sportdezernent zur Lage des Fußball-Regionalligisten Wuppertaler SV, sondern vielmehr als Kulturdezernent mit Blick auf die Finanzierung der Vorlaufkosten für das „Pina Bausch Zentrum“, das 2027 eröffnet werden soll.
Die Lage beim WSV als „nicht zufriedenstellend“ zu bezeichnen wäre auch Euphemismus pur. Sie ist schlichtweg katastrophal. Seit Monaten finanziert der 2013 zurückgetretene Vorsitzende Friedhelm Runge die Gehälter, ein Insolvenzantrag steht unmittelbar bevor. Vor allem aber ist die Frage nicht beantwortet: Wie geht es weiter?
Seit Wochen laufen zahllose Gesprächsrunden, an denen Verwaltung, Politik und Wirtschaft (etwa Vertreter der städtischen Töchtergesellschaften WSW und AWG) teilnehmen. Der Tenor ist eindeutig: Eine Stadt wie Wuppertal dürfe nicht von der bundesweiten Fußball-Landkarte verschwinden, sei wichtig fürs Stadtmarketing und die Fans. Aussagen, die man seit Jahrzehnten kennt. Auch herrscht Einigkeit, dass der Verein komplett neu aufgestellt werden muss und ein Gang in die Kreisliga C das Ende bedeuten würde. In der Tat: Die langjährigen Zweitligisten aus Remscheid und Solingen haben sich vom Sturz in die Unterklassigkeit nie mehr erholt. Der Versuch, Friedhelm Runge in ein neues Konzept einzubinden, sei schwierig, ohne ihn gehe es aber nicht, heißt es. Der 81-Jährige selbst fordert gestandene Persönlichkeiten (mit Kontakten in die Wirtschaft oder aber Geld) auf mitzuarbeiten. Dann werde er 500.000 Euro zum Etat der kommenden Saison beisteuern.
Offen bekennen (und im Vor-Wahlkampf „verbrennen“) will sich derzeit niemand. Was auch daran liegt, dass der Spitzensport in Wuppertal – allen offiziellen Verlautbarungen zum Trotz – absolut keine Lobby hat. Wer Anderes behauptet, betreibt Augenwischerei. Privaten Initiativen wie der „Sportstadt Wuppertal“ ist es zu verdanken, dass etwa die hiesige Leichtathletik nicht untergeht. Dass der Handball-Bundesligist BHC seit Jahren um eine adäquate Heimspielstätte kämpft, die dann auch endlich ein Veranstaltungsort für Großkonzerte und anderes mit mehr als 1.000 Gästen wäre, die externe Unterstützung aber weitestgehend marginal war, ist bestes Negativ-Beispiel. Projekte wie das Outlet-Center und das „Pina Bausch Zentrum“ bekamen aus dem Rathaus sehr viel größeren Rückenwind und wurden mit schneller fließendem Herzblut forciert.
Als in Düsseldorf seinerzeit die Fortuna am Boden lag, ergriff der damalige Oberbürgermeister Joachim Erwin die Initiative und schaffte Fakten. Firmen und Töchtergesellschaften schickten Vertreter in den Verein, anschließend ging es wieder aufwärts. Das wäre auch ein Wuppertaler Weg.
Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist es so, dass der WSV sich seine Lage zum Großteil selber zuzuschreiben hat, keine Frage. Welcher Sponsor will schon mit einem Club in Verbindung gebracht werden, der nur wenige Wochen nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Aktion das nächste dicke Loch in der Kasse einräumen muss. Inzwischen herrscht bei den Fans nur noch Schulterzucken. Die „Initiative 2.0“ scheiterte an persönlichen Eitelkeiten, das spätere „Alles auf Aufstieg“ war – freundlich formuliert – gewagt. Es folgte der neuerliche Zusammenbruch. Die „Barmenia“ gibt ihr Geld nach Leverkusen, weil sie dort überregionale Werbepräsenz hat. Aber auch, weil der Verein ruhig und seriös geführt wird. Es sind 1,2 bis 1,4 Millionen Euro, die für einen Regionalliga-Etat notwendig sind, der eine solide Chance auf den Klassenerhalt bietet. Das ist für eine Stadt mit rund 360.000 Einwohnern und einer durchaus vorhandenen Wirtschaft, zudem einem ordentlichen Einzugsgebiet, auch in Corona-Zeiten eigentlich machbar.
Momentan hat einzig Friedhelm Runge einen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Wer dem nicht folgen will (was durchaus legitim ist), sollte einen eigenen (mit dem entsprechenden Personal) präsentieren. Das Projekt sei ein „Flugzeugträger, von wo aus ganz viel starten kann. Darin stecken sehr außergewöhnliche Potenziale.“ Sagt Nocke. Allerdings wieder über das „Pina Bausch Zentrum“, dessen Bau ich durchaus befürworte.
Die Betriebskosten liegen da pro Jahr übrigens bei 6,7 Millionen Euro.