Kommentar zur Trassen-Zukunft Bitte mehr davon!
Wuppertal · Kaum zu glauben: Am Freitag (5. Juni 2020) war es auf den Tag genau zehn Jahre her, dass der erste Teilabschnitt der Nordbahntrasse offiziell freigegeben wurde. Es war der Start der vielleicht größten Wuppertaler Erfolgsgeschichte seit ewig langer Zeit.
Und während der noch gar nicht richtig fertige neue Döppersberg schon wieder bröckelt, hat sich die Trasse sehr gut gehalten. Das ist gut so, denn ihr Wert für Wuppertal ist eigentlich gar nicht hoch genug einzuschätzen. Die Trasse hat die Menschen im Tal buchstäblich in Bewegung gebracht, hat dem Thema Radfahren einen bis dahin kaum für möglich gehaltenen Schub gegeben und ist als Freizeitareal inzwischen nicht mehr wegzudenken. Das alles wurde im Zuge der wochenlangen harten Corona-Restriktionen noch einmal überdeutlich: Alles war dicht, nur die Trasse zum Glück nicht. Wo wären wir geblieben, wenn es nicht diesen letzten Aktivitäten-Strohhalm gegeben hätte, nach dem unzählige Wuppertaler gegriffen haben?
Nordbahntrassen-Vorkämpfer Carsten Gerhardt hat uns neulich von einer Mail erzählt, in der ein dankbarer Trassen-Nutzer den Rad- und Freizeitweg sogar als „Sehnsuchtsort“ bezeichnete. Das finde ich gar nicht mal übetrieben, denn abgesehen von der Schwebebahn kommt mir wenig in den Sinn, was Wuppertal so stadtteilübergreifend verbindet wie die Nordbahntrasse. Umso wichtiger ist es, diesen Trassen-Faden weiterzuspinnen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, weil die Wuppertalbewegung (die ja wohlgemerkt keine Trassen-Bewegung ist) jetzt mit der Circular-Valley-Initiative ein ganz anderes Betätigungsfeld ins Auge fasst und vorerst keine neuen Trassen-Projekte mehr anstoßen will.
Wenn der Bau der Schwarzbachtrasse, den das Gerhardt-Team in eigener Regie pünktlich und im Rahmen der kalkulierten Kosten erfolgreich gestemmt hat, kein Schlusspunkt bleiben soll, muss jemand den Ball aufnehmen. Zwei viel versprechende Ansätze gibt es ja: Die Hatzfeldtrasse, die den Loh über fünf Kilometer hinweg mit den Nordhöhen verbinden könnte, und die Langerfeld-Trasse, mit der die Schwarzbachtrasse eine logische Fortsetzung finden würde.
An beiden Stellen hakt es allerdings noch erheblich. Auf Hatzfeld, wo sich der dortige Bürgerverein und die Stadtwerke um die Realisierung bemühen, sind Finanzierungs- und Grundstücksfragen noch unklar. In Langerfeld wo der Verein „Neue Ufer“ als Lokomotive fungiert, droht das Projekt derweil im Gerangel zwischen Stadt und Bahn zerrieben zu werden.
Speziell was den Radverkehr angeht, wären weitere Trassen-Bausteine ein Segen. Denn der gerade präsentierte Verwaltungs-Plan für einen Radweg parallel zur zentralen B7 macht das ganze Drama rund um eine innerstädtische Ost-West-Verbindung für Radfahrer deutlich: Der Vorschlag ist ein halbgarer Flickenteppich, der niemanden vom Sattel reißen wird. Schon gar nicht die engagierten Fahrrad-Aktivisten, die vor zwei Wochen im Bereich Adlerbrücke kurzzeitig einen „Pop-up-Radweg“ auf einer kompletten Fahrspur der B7 selbst eingerichtet hatten. Sie führten damit zwar vor, wie entspannt man darauf selbst mit Kindern Richtung Elberfeld radeln könnte. Gleichzeitig war aber auch unübersehbar, zu welchen imposanten Rückstaus das sogar an einem Samstagmittag auf der normalerweise vierspurigen Wuppertaler Auto-Lebensader führt.
Die Fantasie der Wuppertaler Verwaltung hat nicht ausgereicht, um diesen gordischen Knoten zu lösen. Und so lange das auch sonst niemandem gelingt, freuen wir uns umso mehr über unsere Trasse(n) ...