Kommentar zur Booster-Impfung Exakt sechs Monate? Tempo machen statt Tage zählen!
Wuppertal · Es geschah in dieser Woche vor dem Pavillon am Elberfelder Döppersberg. Ein Mann hatte dort mehr als eine Stunde angestanden, um sich seine Booster-Impfung abzuholen. Als er an der Reihe war, wurde er wieder weggeschickt. Begründung: Erst in drei (!) Tagen sei seine Sechs-Monate-Frist nach der Zweitimpfung abgelaufen. Ähnliche Szenen spielten sich im Barmer Rathaus ab.
Viele mobile Impfangebote in den Stadtteilen, Umstellung auf 2G noch vor dem Land NRW: Bislang präsentierte sich der Krisenstab der Stadt Wuppertal entschlossen und durchaus als Tempomacher. Warum er bei der Booster-Impfung nun so pedantisch vorgeht, ist nicht schlüssig – oder schlecht kommuniziert.
Zur Erinnerung: Nicht nur das Robert-Koch-Institut sowie Medizinerinnen und Mediziner der Berliner Charité vertreten die Auffassung, dass das „Boostern“ nach fünf Monaten absolut nicht schadet. Andere NRW-Städte regeln es geschmeidiger. Kein Wunder: Allerorten wird appelliert, die Auffrischung zu vollziehen. Und natürlich haben die, die sich bereits zweimal haben impfen lassen, in Zeiten explodierender Inzidenzen größtes Interesse, ein weiteres Mal das Angebot anzunehmen und sich pieksen zu lassen. Jetzt und nicht erst im Januar oder Februar.
Zumal viele Hausärzte ellenlange Wartelisten haben. Im Barmer Lichthof etwa haben Impfärzte hinter vorgehaltener Hand bestätigt, sie persönlich würden auch früher impfen. Es sei aber anderes vereinbart. Die Folge: (nachvollziehbarer) Ärger und (nicht akzeptable) Beschimpfungen.
Es ist verständlich, dass die Stadt eine Grenze ziehen muss. Wer mit 58 km/h innerorts geblitzt wird, empfindet das als ebenso ungerecht wie der, der mit 60 km/h unterwegs war. Und der mit 65 km/h. Die Fünf-Monate-Frist aber wäre nicht willkürlich, weil sie von führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ins Gespräch gebracht und damit offiziell geworden ist.
Sollte die Stadt nicht genügend Impfstoff von BioNTech oder Moderna (Liebe Leute, welcher davon ist egal!) zugeteilt bekommen haben, dann sollte sie es einfach sagen. Andernfalls sollte sie die Grenze senken. Natürlich nicht auf zwei Monate, aber gegen fünf spricht nichts.
„Wir würden uns wünschen, dass im Hinblick auf die hohen Infektionszahlen Impfwillige nicht abgewiesen werden, nur weil sie etwas früher zur Booster-Impfung kommen. Hier muss die Verwaltung Fingerspitzengefühl walten lassen, um die Impfbereitschaft nicht zu untergraben“, sagte Ralf Wegener von den Freien Wählern in dieser Woche. Er hat Recht: Ob eine, zwei oder drei Wochen früher, das sollte egal sein, wenn es logistisch zu stemmen ist. Je mehr Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen so schnell wie möglich erfolgen – umso besser! Auch aus psychologisch-motivatorischen Gründen.
Der Mann, der in Elberfeld nicht an die Reihe kam, zog grummelnd ab mit den Worten, er werde sich überlegen, ob er noch einmal wiederkomme. Das wäre tragisch und absolut nicht Sinn und Zweck – auch nicht für das Land NRW. Deshalb: Wuppertal sollte hier erneut Tempo machen.