Lesung am 13. Oktober Ein Leben mit dem Fetalen Alkoholsyndrom

Wuppertal · Null Alkohol in der Schwangerschaft bedeutet keine FASD-Behinderung beim Neugeborenen. Die Gleichung ist einfach, doch: Das Fetale Alkoholsyndrom ist in Deutschland die am häufigsten angeborene Behinderung. Der Caritasverband Wuppertal/Solingen füllt seit genau einem Jahr mit seinem FASD-Beratungszentrum die bis dahin bestehende große Lücke in der Beratungslandschaft.

Die Expertinnen des FASD-Beratungszentrums der Caritas (v.li.): Anke Weber und Julia Richartz mit Babypuppen, die die Unterschiede zwischen einem gesunden Kind (re.) und einem Neugeborenen mit typischen FASD-Merkmalen zeigen.

Foto: Susanne Bossy

Aus diesem Anlass lädt der Caritasverband zu einer Lesung mit einer Autorin, deren Adoptivsohn mit einer lange unerkannten FASD-Behinderung groß wurde. Die Veranstaltung beginnt am Freitag (13. Oktober 2023) um 17 Uhr im Katholischen Stadthaus (Laurentiusstraße 7). Der Eintritt ist frei.

Rund 10.000 Babys kommen in Deutschland jährlich mit einer Behinderung zur Welt, weil ihre vorgeburtliche Entwicklung durch den Alkoholkonsum ihrer Mutter gestört wurde. Rund 8.300 von FASD-betroffene Menschen leben in Wuppertal und Solingen.

Vielfach erfolgt eine Diagnostik erst, wenn die Betroffenen bereits einen langen Leidensweg hinter sich haben. „Bis dahin erleben sie oftmals auf Grund von Verhaltensbesonderheiten und zum Beispiel Einschränkungen in der Wahrnehmung und den Denkprozessen Ablehnung und Ausgrenzung“, weiß Anke Weber.

Die Sozialarbeiterin ist FASD-Expertin mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Jugendhilfe und freut sich, dass das Beratungszentrum gleich nach der Arbeitsaufnahme so gut angenommen wurde. „Rat suchen Eltern, meist Pflege- und Adoptivfamilien, die vermuten, dass das ihnen anvertraute Kind eine FASD-Behinderung haben könnte. Es melden sich aber auch Erwachsene, die wir dabei unterstützen, eine offizielle Diagnostik zu erhalten.“

Autorin und Adoptivmutter Monika Reidegeld mit ihrem Sohn Tim.

Foto: Anna Spindelndreier

Dass sich ein Fetales Alkoholsyndrom auf sehr unterschiedliche Weise und mit mehr oder weniger sichtbaren äußerlichen Merkmalen darstellen kann, macht das Erkennen auch für Fachkräfte schwierig. „Wir beraten und schulen deshalb auch Fachkräfte aus der Jugendhilfe, aus Schulen und anderen Institutionen“, sagt Anke Weber.

15 Klientinnen und Klienten mit FASD und oder deren Angehörige werden aktuell von ihr und ihrer Kollegin Julia Richartz beraten und begleitet. Pädagogin Julia Richartz beschäftigt sich dabei schwerpunktmäßig mit der Lebensphase im Übergang von Schule und Beruf: „Damit FASD-Jugendliche eine gute Chance haben, entdecken wir gemeinsam mit ihnen ihre individuellen Stärken und begleiten, wenn gewünscht die Gespräche mit Ausbildern und Arbeitgebern, um so eine gute Perspektive für die Zukunft zu schaffen. Auch bauen wir zurzeit ein Netzwerk von möglichen Arbeitgebern auf.

Die Diagnostik einer FASD-Behinderung kann für Familien und Betroffene den Weg in ein neues Leben eröffnen. „Zu wissen, dass bestimme Verhaltensweisen als Symptome zu betrachten sind und bei einem Kind mit FASD angeboren sind, löst Druck bei den Eltern, aber auch beim Kind selbst“, weiß Anke Weber. Die neue Erziehungshaltung schafft Platz für individuelle Förderung und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten.

Wie bei Tim. Ihn können Interessierte am 13. Oktober in Wuppertal persönlich kennenlernen. Anlässlich des einjährigen Bestehens lädt das FASD-Beratungszentrum der Caritas in Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk zu einer Lesung mit Tim und seiner Adoptivmutter Monika Reidegeld ein. Bis ihr Sohn mit bereits 32 Jahren eine Diagnose erhielt, ahnte niemand, dass er am Fetalen Alkoholsyndrom litt.

Die Autorin, unfreiwillig zur Expertin für FASD geworden, beschreibt in ihrem Buch „TIM. Ein Leben mit dem Fetalen Alkoholsyndrom“ die familiäre Verzweiflung, aber auch Tims erstaunliche Entwicklung.