Wuppertaler Schauspieler „Die Kunst ist alternativlos“ oder: Bachems Traum
Wuppertal · Seine Heimatstadt Wuppertal hat der Schauspieler Bruno Bachem vor über 30 Jahren verlassen. Verbunden mit ihr fühlt er sich heute über seine Familie und Freunde, das Tanztheater sowie die Wuppertaler Historie. Im Mai stand er zum ersten Mal seit 1989 wieder hier auf der Bühne – Geschichte spielte auch da eine gewisse Rolle.
„Madoffs Traum“ heißt der Theatermonolog, den Bruno Bachem auf Heimatbesuch im Gepäck hatte und auf der Bühne des Theaters am Engelsgarten ertönen ließ. Er gibt tiefe Einblicke in die Machenschaften des „Bernie“ Madoff, US-amerikanischer Anlagebetrüger und ehemaliger Finanz- und Börsenmakler. Und auch wenn der Vergleich natürlich hinkt: 30 Jahre nicht in Wuppertal gespielt – und jetzt zurück, ausgerechnet mit einem Stück von der ganz großen Pleite? Wie viel Anspielung schwingt denn da mit? „Diese Erörterung des Asozialen des Kapitalismus im Theater hinterm Engelshaus eben genau da zu spielen, wo der Wuppertaler Ökonomiekritiker Friedrich Engels, als er klein war, auch gespielt hat, ist schon ein Aspekt, ja.“ Aber was jetzt wie Generalkritik und irgendwie auch bitter klingt, ist Bruno Bachem nur in Teilen. Zum Termin kommt er im Louis-de-Funès-T-Shirt, weil er den Komiker verehrt, weil er die Komödie liebt und weil er gerne lacht. Da entgleiten ihm auch schon mal so wundervolle Seitenhiebe wie: „Sogar Schauspieler, die gar keinen Humor haben, freuen sich, wenn gelacht wird.“
Und Bruno Bachem weiß definitiv, wovon er redet. Nicht nur ist er Jugend- und Schauspielfreund von Christoph Maria Herbst, auch hat er ab 1986 – da war er gerade mal 20 Jahre alt – Schauspielschule und Theaterluft inhaliert und tief in sich aufgenommen, weg von zu Hause, im österreichischen Graz – „wo damals zum Beispiel auch Thomas Braus war“, wie er erzählt. „Das war wirklich echte Kunst“, schwärmt er noch heute rückblickend, „wir waren zehn, zwölf Leute im Ensemble und haben fast schon so sektenmäßig gelebt.“ Ohne schlimmere Folgen offenbar, konnte der Vollblut-Theatermensch doch beharrlich seinen Weg weitergehen. Das funktioniert bekanntlich selten nur mit Leidenschaft: Der heute 53-Jährige jobbte zwischenzeitlich in der Küche, fegte beim Gebrauchtwagenhändler den Hof und kontrollierte fehlerhafte Handys. Nun lebt der dreifache Vater seit fast schon 25 Jahren und „der Liebe wegen“ in Hamburg, ist neben der Schauspielerei und Regisseursarbeit als Inspizient am Theater tätig. Auf die Frage, ob er über die vielen Jahre und mit Familie nicht mal an ein solideres Leben gedacht habe, lächelt er nur: „Die Kunst ist alternativlos.“
Anders als bei Christoph Maria Herbst, mit dem Bruno Bachem schon in den frühen 80ern das TiC eingeweiht hat, sind TV- oder Kinofilme eher nicht Bestandteil seiner beruflichen Vita. Und dann erzählt er auf seine wunderbar rührend-sympathische Art, wie er eine Statistenrolle in Fatih Akins „Gegen die Wand“ bekam und durch einen dummen Zufall sogar dabei hinausragen durfte: „Der Hauptdarsteller verschüttete in einer Kneipenszene aus Versehen ein Getränk auf meine Hose, weshalb ich außerplanmäßig aufsprang. Das wurde dann aber übernommen, und so konnte ich mich von den anderen Statisten abheben“, berichtet er mit verschmitztem Lächeln. Und er sei natürlich auch in einer Künstleragentur gelistet, „da wird schon mal eine kleine Rolle in Vorabendserien wie ‚Notruf Hafenkante‘ oder so vermittelt. Aber man wird sehr schnell auf einen bestimmten Typ reduziert. Ich kenne einen Kollegen, der hat mal in einem Film jemanden dargestellt, der so ein Klemmbrett gehalten hat. Seitdem gab es nur noch Klemmbrett-Rollen!“
Bruno Bachem indes verfolgt beständig seinen Traum, geht seinen Weg – und der heißt immer wieder Bühne. „Ich hatte das große Glück, ganz früh ganz tolle Leute kennen zu lernen. Ich habe zum Beispiel auch als Jugendlicher beim Tanztheater Pina Bausch hospitiert“, schwärmt er, der auch heute noch oft in Hamburg im Publikum sitzt. Mit seinem eigenen Gastspieltheater „Unser Theater“ tourt und tingelt er mit unterschiedlichen Produktionen. Und dass er auch sonst den Draht nicht abreißen lässt, zeigte sein Auftritt in Wuppertal: Neben vielen Freunden und Weggefährten wie C.M. Herbst und M. C. Graeff besuchten auch beispielsweise einige seiner ehemaligen Lehrer am St.-Anna-Gymnasium die Vorstellung von „Madoffs Traum“. Offensichtlich hat Bruno Bachem früher schon einen bleibenden Eindruck hinterlassen …