Charlotte Ehlert und Helmut Kottsieper Klinikseelsorge: Zwischen Krankheit und Smalltalk

Wuppertal · An die Tür klopfen, nachfragen, ob der Besuch willkommen ist und dann den Stuhl ans Krankenbett ziehen – oder weitergehen, wenn es gerade nicht passt. Charlotte Ehlert und Helmut Kottsieper bieten etwas an, das im Klinikalltag häufig zu kurz kommt: Zeit für Gespräche über die großen und kleinen Sorgen, die Patientinnen und Patienten auf der Seele liegen.

Charlotte Ehlert und Helmut Kottsieper.

Foto: Sabine Damaschke

Jeden Donnerstag und Freitag legen die beiden ehrenamtlichen Klinikseelsorger dafür viele Meter auf den langen Fluren des Wuppertaler Petruskrankenhauses zurück.

„Sehr oft geht es um die Erkrankung, bevorstehende Operationen, Schmerzen und die Frage, was nach der Entlassung passiert oder wie die Familie mit dem Klinikaufenthalt klarkommt “, erzählt Helmut Kottsieper. „Aber es gibt auch den Smalltalk übers Wetter, die Kinder, den Hund. Das bringt ein Stück Alltag ins Krankenzimmer und kann deshalb guttun.“

Freundlich, aber nicht aufdringlich: Charlotte Ehlert mit einer Patientin.

Foto: Sabine Damaschke

Schon seit Mitte der achtziger Jahre engagiert sich der pensionierte Chemielehrer als Ehrenamtlicher im Krankenhaus. Von Februar 2020 bis März 2021 ließ er sich schließlich zum Klinikseelsorger ausbilden – zusammen mit Charlotte Ehlert. Die 25-jährige Jurastudentin war 2019 als sogenannte „Gottesdiensteinladerin“ ins Petruskrankenhaus gekommen.

„Das war eine gute Vorbereitung auf die ehrenamtliche Klinikseelsorge“, sagt sie. „Es kostet am Anfang schon Mut, in jedes Zimmer zu gehen und die Patienten anzusprechen. Man muss mit Zurückweisungen umgehen können, sollte freundlich, aber nicht aufdringlich sein.“ In der Corona-Pandemie ist der Gesprächsbedarf deutlich gestiegen, beobachten die beiden Ehrenamtlichen. Schließlich wurden die Besuchszeiten für Angehörige und Freunde bis heute deutlich eingeschränkt.

Viele Patientinnen und Patienten fühlen sich alleine und sind dankbar, wenn jemand sich an ihr Bett setzt und für sie da ist – im Gespräch oder im Schweigen, mit einem Gebet oder Segen. Manchmal aber entlädt sich auch der ganze Frust über die Erkrankung, das Klinikpersonal und die Ungerechtigkeit des Lebens bei den beiden Klinikseelsorgern.

Auch für die Sorgen der Pflegekräfte hat Helmut Kottsieper ein offenes Ohr.

Foto: Sabine Damaschke

In der Ausbildung werden sie gut darauf vorbereitet. Religiöse Fragen, etwa warum Gott das Leid zulässt oder ethische Fragen nach Sterbebegleitung und Sterbehilfe werden in den Seminaren thematisiert. Doch es geht auch um Umgang mit Aggression und Resignation, mit Erkrankungen wie Demenz und Krebs und um eigene Erfahrungen mit Religion und Krankheit.

Insgesamt arbeiten in den Wuppertaler Kliniken derzeit fünf hauptamtliche evangelische Krankenhaus-Pfarrerinnen, die von Ehrenamtlichen in der Seelsorge und im Besuchsdienst unterstützt werden. Ein neuer Ausbildungskurs startet im Januar 2023.

Klinikseelsorge braucht mehr Ehrenamtliche

Der einjährige Kurs besteht aus Seminarabenden, die alle 14 Tage stattfinden und Blockwochenenden. Er wird von Pfarrerin Michaela Kuhlendahl und Pfarrer Jörg Keßen geleitet. Hinzu kommen Hospitationen in der Krankenhausseelsorge im Petrus- und St. Josef-Krankenhaus sowie im Helios-Klinikum. Die beiden Theologen hoffen auf viele Kursteilnehmenden, denn der Bedarf an seelsorgerlicher Begleitung ist gestiegen, und Ehrenamtliche werden dringend gebraucht.

Helmut Kottsieper und Charlotte Ehlert haben den Klinikalltag nicht nur als Ehrenamtliche erlebt. Beide wissen auch aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, wochenlang in der Klinik zu sein. „Man hat so viel Zeit und auch Langeweile im Krankenhaus. Das tut einfach nicht gut“, sagt Charlotte Ehlert. „Fürs Gesundwerden ist es wichtig, dass andere da sind, die zuhören, trösten und die Situation mit aushalten.“

Und noch etwas motiviert die Studentin für ihr Engagement in der Klinik: „Ältere Patientinnen geben mir manchmal eine Botschaft mit, weil ich noch jung bin“, erzählt Charlotte Ehlert. „Sie sagen, ich soll meine Zeit gut nutzen und in dieser schwierigen Zeit etwas für den Zusammenhalt in der Gesellschaft tun. Genauso verstehe ich mein Ehrenamt.“