Wuppertaler Telefonseelsorge Suizidprävention: Reden statt wegschauen

Wuppertal · Zum Welttag der Suizidprävention am Dienstag (10. September 2024) ermutigt die Wuppertaler Telefonseelsorge, mehr über das schwierige Thema zu reden.

Julia Heckel-Korsten in der Zentrale der Wuppertaler Telefonseelsorge, die rund um die Uhr besetzt ist.

Julia Heckel-Korsten in der Zentrale der Wuppertaler Telefonseelsorge, die rund um die Uhr besetzt ist.

Foto: Tim Polick

Manchmal platzt es direkt aus den Menschen heraus, die sich bei der Telefonseelsorge melden. Oft kommt die Ankündigung, am liebsten sterben zu wollen, aber eher im Nebensatz. In etwa zwölf Prozent der rund 12.000 Gespräche, die die Wuppertaler Telefonseelsorge jährlich führt, erzählen Menschen von eigenen Suizidgedanken oder Angehörigen, die eine Selbsttötung ankündigen.

„In Deutschland sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen“, sagt die Leiterin der Wuppertaler Telefonseelsorge, Jula Heckel-Korsten. Weit mehr als 100.000 Menschen erleiden jedes Jahr den Verlust eines nahestehenden Menschen durch Suizid. Bis zu 400 Suizidversuche pro Jahr soll es Schätzungen zufolge alleine in Wuppertal geben.

Dialog statt Druck

„Wenn wir Suizide verhindern wollen, müssen wir das Thema aktiv ansprechen statt ihm auszuweichen oder dagegen zu reden“, rät sie. „Der beste Schutz ist das Gespräch.“ Aber viel zu oft werde die lebensbedrohliche Krise nicht wahr- oder ernstgenommen. Häufig glaubten Angehörige, es sei besser, das Thema Suizid nicht zu thematisieren, weil dies eine Ermutigung darstellen könne, die Gedanken auch in die Tat umzusetzen. Doch das Gegenteil sei meist der Fall.

„Der Schritt von Selbsttötungsgedanken zum Suizid ist häufig kleiner als Angehörige glauben.“ Die eigene Wahrnehmung sei meist gestört, wenn das Leben als sinnlos empfunden werde. „Wer Gefährdete in ihrer Verzweiflung ernst nimmt, ihnen zuhört und gemeinsam mit ihnen überlegt, was ihr Leben wieder etwas erträglicher machen kann, trägt zur Suizidprävention bei“, ist Jula Heckel-Korsten überzeugt.

Durch ein Gespräch lasse bei vielen Menschen der Druck der quälenden Gedanken nach, beobachtet die Pfarrerin. „Wer in den Dialog geht, vermittelt: Mir ist nicht egal, wie es dir geht, und ich halte mit dir diese Gedanken und auch das, was dein Leben so unerträglich macht, aus.“

„KrisenKompass“ als „Notfallkoffer“

Hilfe bietet die Telefonseelsorge auch mit der kostenlosen App „KrisenKompass“, auf die Jula Heckel-Korsten gerne verweist. Sie enthält Tools wie eine Tagebuchfunktion und persönliche Archive, um positive Gedanken oder beispielsweise Fotos, Erinnerungen oder Lieder zu speichern, Hinweise zu beruhigenden Techniken sowie direkte Kontaktmöglichkeiten zur Telefonseelsorge und anderen professionellen Anlaufstellen.

Den Welttag der Suizidprävention am Dienstag (10. September) nutzt die Telefonseelsorge bundesweit, um auf ihre wichtige Arbeit aufmerksam zu machen. Deutschlandweit ist sie mit mehr als 7.700 geschulten Ehrenamtlichen in 104 Städten oder Regionen tätig. In Wuppertal stehen rund 80 Mitarbeitende ganzjährig rund um die Uhr am Telefon oder auch per Mail zur Verfügung.