Umweltausschuss Mehrheit für Baumschutzsatzung - „Haus und Grund“ dagegen
Wuppertal · 13 Jahre nach ihrer Abschaffung soll es in Wuppertal wieder eine Baumschutzsatzung geben. Dafür hat sich der Umweltausschuss mit den Stimmen von CDU und Grünen mehrheitlich ausgesprochen. Kritik kommt von der FDP und dem Verein „Haus und Grund“.
„Wir wollen Laub- und Obstbäume besser schützen und dafür sorgen, dass bei einer unumgänglichen Fällung Ersatzbäume gepflanzt werden. In Zeiten des Artensterbens, des Klimawandels und der starken Luftbelastung in unserer Stadt zählt jeder Baum mit seinen positiven Auswirkungen“, so Ilona Schäfer, umweltpolitische Sprecherin der Grünen. „Gerade die Hitzeperiode im vergangen Jahr, aber auch der aktuelle Welt-Artenschutzbericht machen auf dramatische Weise deutlich, dass Natur- und Klimaschutz auf allen Ebenen unbedingt intensiviert werden müssen.“
Der CDU-Stadtverordnete Thomas Hahnel-Müller: „Wichtig ist uns, dass die Baumschutzsatzung auch bürgerfreundlich ist und möglichst wenig Bürokratie auslöst. Das bedeutet einerseits, dass ,Ersatzpflanzungen, zum Beispiel auch auf geeigneten Nachbargrundstücken möglich sein müssen oder an anderer geeigneter Stelle, wenn Bürgerinnen und Bürger Grundstücke zur Verfügung stellen und der Ersatzpflichtige für den Baum aufkommt und erst in zweiter Linie Ersatzzahlungen an die Stadt in Frage kommen. Andererseits soll die Abwicklung der notwendigen Anträge einfach und kostengünstig sein. Dabei können mit Sicherheit auch digitale Prozesse helfen. Die Prüfung und das gesamte Antragsverfahren könnten unter Nutzung einer entsprechenden Plattform wie dem bestehenden Geodatenportal effizient und transparent ablaufen und die Kosten im Voraus kalkulierbar machen.
Die Verwaltung soll nun eine entsprechende Satzung erarbeiten und dem Rat der Stadt im Sommer zur Abstimmung vorlegen. Dann werde auch noch einmal über inhaltliche Details diskutiert werden, kündigt Hahnel-Müller an.
Zustimmung kommt von der „Linken“-Fraktion: „Auch unsere Fraktion sieht die Notwendigkeit, Stadtbäume zu schützen. Aus diesem Grund hatten wir bereits im Januar einen Antrag auf Erneuerung der Baumschutzsatzung gestellt", so der städtebauliche Sprecher Bernhard Sander. „Die Abschaffung der Baumschutzsatzung 2006 hat sich nicht bewährt. Seitdem fielen zahlreiche alte, stadtbildprägende, gesunde Bäume der Säge zum Opfer - häufig ohne diesen Verlust durch Ersatzpflanzungen auszugleichen. Auch gingen der Stadt Zahlungen für nicht erfolgte Ersatzpflanzungen verloren, die für Pflege und Neuanpflanzungen hätten eingesetzt werden können. In Zeiten des Klimawandels werten Bäume nicht nur dichtbebaute Gebiete optisch auf, sondern sie leisten einen wesentlichen Beitrag zu einer besseren Luftqualität, sorgen bei großer Hitze für Schatten und für ein ausgeglicheneres Stadtklima.“
Der Verein „Haus & Grund Wuppertal und Umgebung“ lehnt die Baumschutzsatzung dagegen ab. In einer Stellungnahme heißt es: „Selbstverständlich hat jeder Baum in Wuppertal grundsätzlich einen hohen Wert und sollte möglichst nach einer Fällung ersetzt werden. Eine Baumschutzsatzung erfüllt diesen Zweck jedoch gerade nicht. Wenn bis ins kleinste Detail geregelt wird, ob, wann und unter welchen Bedingungen ein Baum gefällt werden darf und hierfür eine Genehmigung durch den Oberbürgermeister eingeholt werden muss, überlegen sich die Bürger zukünftig genau, ob sie überhaupt noch Bäume einpflanzen. Im Zweifel werden sie es lieber bleiben lassen, denn sie wissen nicht, welche Folgen sich hieraus in der Nachbarschaft entwickeln können und bevor zur eventuell erforderlichen Beseitigung eine Genehmigung eingeholt werden muss, wird der Bürokratieaufwand von vornherein vermieden. Eine allzu verständliche Reaktion.“
Der Vorsitzende Hermann-Josef Richter: „Jeder neu gepflanzte Baum ist ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz. Eine neue Baumschutzsatzung bewirkt genau das Gegenteil. Auch zeigt der Alltag, dass gerade die privaten Eigentümer eher selten Bäume fällen. Der viel befürchtete Kahlschlag beim Baumbestand auf privaten Grundstücken hat nach Abschaffung der Baumschutzsatzung gerade nicht stattgefunden. Dass die Baumschutzsatzung nunmehr wiederbelebt werden soll, kann aus unserer Sicht nur als tiefes Misstrauen gegenüber den eher bürgerlichen Haus- und Grundeigentümern empfunden werden. Zumal die Stadt selbst im Rahmen des Satzungsentwurfs von CDU und Bündnis 90/Die Grünen bei Fällung von Bäumen lediglich ,die zuständigen Gremien‘ informieren muss, während der private Eigentümer zu Ersatzbepflanzungen verpflichtet werden soll. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der Baumfällungen am Von-der-Heydt-Platz und im Wupperpark Ost nicht nachvollziehbar. Diese negativen Beispiele prägen die Umgebung deutlich negativer und schädigen die Umwelt viel mehr als das Fällen einzelner Bäume auf privaten Grundstücken. Eine neue Baumschutzsatzung ist kontraproduktiv. Sie fördert nicht die Anpflanzung neuer Bäume, sondern verhindert sie eher. Wenn die Bürger zur Ersatzbepflanzung gezwungen werden, so muss das in ganz besonderer Weise auch uneingeschränkt für die Stadt selbst gelten! Daher lehnen wir die Wiedereinführung einer Baumschutzsatzung ab.“
Kritik kommt auch von der FDP, nachdem die Liberalen und die SPD die Vertagung beantragt hatten, da noch inhaltliche Fragen ungeklärt seien. „In den Fällen, in denen eine Fraktion noch Klärungsbedarf hat, ist es guter parlamentarischer Brauch, dass dann einem Vertagungswunsch entsprochen wird“, so der Fraktionsvorsitzende Alexander Schmidt. „Das gilt umso mehr, wenn wie vorliegend keine Dringlichkeit gegeben ist.“
Die FDP-Fraktion hatte nach eigenen Angaben im Vorfeld eine Große Anfrage zur Wiedereinführung der Baumschutzsatzung gestellt. „Aufgrund von unklaren technischen Verfahrensabläufen, konnte diese aber von Seiten der Verwaltung nicht rechtzeitig bearbeitet werden.“ Christoph Schirmer, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Ratsfraktion ergänzt: „Es erscheint vollkommen unerklärlich, warum man die von uns zur Wiedereinführung einer Baumschutzsatzung beantragten Antworten der Verwaltung nicht abwarten wollte. Eine faktenbasierte Entscheidung hätte gegebenenfalls hilfreich sein können.“
Schmidt: „Der Ausschussvorsitzenden Bettina Brücher (Grüne) war der Umstand bekannt. Gerade vor diesem Hintergrund hätte man erwarten dürfen, dass einer Vertagung, die übrigens auch von der Verwaltung vorgeschlagen und befürwortet wurde, zugestimmt wird. Auch vom so genannten Kernbündnis, was über keinerlei Mehrheit verfügt, fordern wir die Einhaltung von etablierten, parlamentarischen Gepflogenheiten. So etwas hat es sogar in 14 Jahren GroKo nicht gegeben. Die FDP setzt sich unverändert für mehr Transparenz, einen sachlichen Umgang miteinander und für faktenbasierende Entscheidungen in den Gremien ein.“