Fußball vor Gericht „Nimm ihn endlich vom Platz, sonst erledige ich das!“
Wuppertal · Wann wird die Grenze zwischen Foul und vorsätzlicher Körperverletzung überschritten? Diese Frage wurde in einer aktuellen Verhandlung vor dem Wuppertaler Amtsgericht diskutiert.
Am Ende lag ein Spieler mit einer schweren Schulterverletzung auf dem Platz. Die Feststellung, dass Fußball ein Kampfsport sei und Sportverletzungen beim Fußball prozentual am häufigsten seien, wie das schon im Gang vor der Verhandlung am Amtsgericht diskutiert wurde, ist sicherlich zutreffend.
Selbst im Amateurbereich und auch bei Betriebssportgruppen wird oft mit überhartem Einsatz gekämpft - aber wann wird die Grenze zwischen Foul und vorsätzlicher Körperverletzung überschritten? Den Vorwurf der Körperverletzung erhob die Anklage gegenüber einem 40jährigen Wuppertaler, der seinen Zweikampf-Gegner - einen Sportlehrer - am 7. Mai 2018 bei einem Meisterschaftsspiel nach mehreren gegenseitigen Fouls zu Fall gebracht haben soll. Dabei soll dieser bleibende Schäden in der Schulter davon getragen haben, die körperliche Beeinträchtigung wirke sich laut Anklage auch auf seinen Beruf aus.
Zugespitzt habe sich der Showdown mit der Aufforderung des Beklagten an den Schiedsrichter: „Nimm ihn endlich vom Platz, sonst erledige ich das!“
Bislang ist ungeklärt, ob der Ruf nun an den Schiedsrichter adressiert war und der später Verletzte damit gemeint war - oder gar der eigene Trainer, der einen Spieler aus der eigenen Mannschaft auswechseln sollte. Geklärt werden konnte das nun vor Gericht auch deshalb nicht, weil der vermutlich wichtigste Zeuge fehlte: Der Unparteiische schien seine Ladung in den Zeugenstand ignoriert zu haben und war nicht erschienen. Gerade von ihm erhoffte man sich auch Auskunft zu anderen Ungereimtheiten: Im offiziellen Spielbericht war der Vorfall nicht vermerkt, weder eine Verletzung noch die anschließende Auswechslung.
Es gab keine Spielunterbrechung und weder eine Gelbe noch eine Rote Karte gegen den jetzt Angeklagten. Auch davon, dass ihn Mitglieder der Mannschaften auf ein derart schweres Foul aufmerksam gemacht hätten, ist im Bericht nichts zu finden.
Sowohl das Gericht als auch die Parteien waren sich einig, dass man ohne Befragung des Schiedsrichters nicht weiterkommen könne. Dessen unentschuldigtes Fehlen verärgerte vor allem die Vorsitzende Richterin. Denn die hatte den schon einmal verschobenen Prozess gerne vor einer längeren beruflichen Abwesenheit abgeschlossen.
Die Erinnerung der Zeugen dürfte erfahrungsgemäß bereits jetzt, nach über einem Jahr, nachgelassen haben. Die Richterin leitete eine erneute Ladung zu einem weiteren Prozesstermin ein, der möglicherweise erst gegen Ende des Jahres stattfinden kann. Dazu verfügte die zwangsweise Vorführung des Schiedsrichters, falls der wieder nicht erscheinen würde und verhängte gegen ihn zudem eine Ordnungsstrafe von 150 € wegen Missachtung des Gerichts. Ein Anpfiff für den Schiedsrichter oder auch im Fußballerdeutsch: Entscheidend ist nicht auf dem Platz, sondern im Gerichtssaal.