Leserbrief Zu viele Hürden für Fußgänger

Betr.: Rundschau-Kommentar „Der ÖPNV ist wichtiger“

Symbolbild.

Foto: Achim Otto

Sehr geehrter Herr Seitz,

danke für den wunderbaren Kommentar. Aber ich möchte die Kritik erweitern.

Um den ÖPNV zu erreichen, werden die meisten Menschen ihre Füße benutzen. Doch hier fangen die Hürden schon an. Zugeparkte Gehwege, raumgreifende Gewächse aus den Gärten und Straßengrün sowie illegal abgestellte Räder lassen manchen Weg zu Fuß zu einem Hindernislauf werden.

Gehwege in gutem Zustand mit behindertengerechter Absenkung am Ende des Bürgersteigs sind in Wuppertal eher die Ausnahme. Maxime der Stadt: Irgendwann werden die WSW hier schon buddeln, dann machen die das gleich mit.

Hat man die Bushaltestelle erreicht, so ist sie in den wenigsten Fällen behindertengerecht. Taktile Steine als Leitlinie für Sehbehinderte und Bordsteinkanten in Einstiegshöhe sind seit einiger Zeit gesetzlich vorgeschrieben. Bei der jetzigen Ausbaugeschwindigkeit werden wir beide den flächendeckenden Ausbau nicht mehr erleben.

Und hier sind wir wieder bei Ihrem Kommentar. Radverkehr, Radwegekonzept, Fahrradstadt, „Runder Tisch Radverkehr"... Wahrscheinlich sind wir uns darin einig, jeder Meter guter Radweg und jede Sicherungsmaßnahme für den Radverkehr ist sinnvoll und sei den Radfahrenden aus vollem Herzen gegönnt.

Ich sehe aber auch die Nachteile. Die Aktivitäten der Stadt, die Chance der PolitikerInnen, sich mit Radthemen zu profilieren, das Medieninteresse und Öffentlichkeitsarbeit der Radfahrerlobby einschließlich der Freitags-Demos, führen zu der von Ihnen erwähnten Fokussierung. Leider eben zum Nachteil der anderen, wichtigeren oder gleichwichtigen Themen.

Wer sich aufs Rad schwingt, ist körperlich und geistig einigermaßen gesund und flexibel. Kurze Umwege sind kein Problem. Ein paar Meter das Rad auf dem Gehweg geschoben, wenn man Angst hat, gerne.

Menschen mit gesundheitlichen und geistigen Einschränkungen sind auf Fußwege und ÖPNV angewiesen. Sollte diese, ich sage mal Grundmobilität nicht im Vordergrund stehen? Wer mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen unterwegs ist, wird schnell an Hindernisse stoßen, die es von der Stadt zu beseitigen gilt. Ebener Belag, taktile Steine, Bordsteinabsenkung, ausreichende Breite und die Entfernung von Hindernissen. Pkw, Räder und Gemüsestände gehören nicht auf den Bürgersteig, wenn nicht ausreichend Platz vorhanden ist. Ampel- und Lichtmaste müssen nicht mitten auf dem Gehweg stehen. In vielen Fällen ist nur eine Umgestaltung des gesamten Gehwegs zielführend.

Wobei wir wieder bei Geld und dem fehlenden Personal sind. Und eben, wie man knappe Ressourcen verteilt.

Die Fraktion der Grünen forderte am 19. Juli 2022 eine Priorisierung des Radverkehrs. Das ist nicht der richtige Weg.

Wolfhard Winkelströter, Fuss e.V., Ortsgruppe Wuppertal

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