Leserbrief „Wuppertal zieht sich verdammt schlecht an“

Wuppertal · Betr.: Aufstockung der ehemaligen Bundesbahndirektion

Die aufgestockte ehemalige Bundesbahndirektion.

Die aufgestockte ehemalige Bundesbahndirektion.

Foto: Bernhardt

Mit seiner Kritik an der unproportionierten Aufstockung der Bundesbahndirektion hat Herr Bernhardt vollkommen recht. Dass da was nicht stimmt, müsste jedem ins Auge stechen und es ist gut, dass jemand diese Untat öffentlich kritisiert.

In der Architektur gibt es klare gestalterische Regeln, die hier offensichtlich missachtet worden sind. Fügt man einer klassizistischen Fassade etwas Neues hinzu, so muss es unter äußerster Zurückhaltung geschehen und sich vom Bestand absetzen, am besten mit Materialien, die aus sich selbst heraus neutral sind, wie zum Beispiel Glas.

Hier ist das neue Geschoss von den Proportionen insgesamt zu hoch, die Farbe setzt sich nicht vom Alten ab und die vertikalen Mauerwerksvorlagen zwischen den Fenstern des Altbaus werden, nachdem sie bereits über das vorhandene Gesims einen horizontalen Abschluss gefunden haben, unvermittelt fortgeführt, wo sie dann im Nichts enden. Während die Fenster im Altbau proportional nach oben hin an Höhe abnehmen, erscheinen sie in der Aufstockung nun wieder höher und werden – anstatt sich vornehm zurückzunehmen – auch noch durch ein weißes Fensterkreuz betont.

Baumassen erscheinen durch dunkle Farben optisch kleiner und Höhen durch horizontale Linien niedriger. Auf diese Weise wirkt der alte Plenarsaal in Bonn von der gegenüberliegenden Rheinseite wie ein Bungalow. Anstelle der vertikalen Gliederung hätte der Architekt hier gut dran getan, mit Gesimsen oder auskragenden, Schatten spendenden Dachüberständen zu arbeiten.

Der Besucher Wuppertals, der sich über den „unproportionalen Murks“ (Bernhardt) wundert, muss jedoch gleich am benachbarten Bahnhofshauptgebäude zur Kenntnis nehmen, dass dieser Murks System hat. Was an der Bahndirektion oben misslang, setzt sich mit der missratenen Rekonstruktion der Erdgeschossfassade nun unten fort.

Ärgerlich ist, dass die Stadt ausgerechnet bei zentralen Gebäuden, an deren Erscheinungsbild ein öffentliches Interesse besteht oder sie selbst als Pächter auftritt, offensichtlich über keine Stelle verfügt, die sie kompetent berät.

Heinrich Böll sagte einmal, Wuppertal ist eine Stadt, die sich nicht schminkt. Wir meinen, sie zieht sich dabei auch noch verdammt schlecht an.

Falk Andreas Funke
Bernd Böker

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