Opern-Premiere: „Die lustigen Weiber von Windsor“ Frau Reich, Frau Fluth, alles wird gut
Wuppertal · Üppig ausgestattet und kostümiert, musikalisch voller Gefühl, darstellerisch vielseitig und witzig: Im Opernhaus gab‘s die Premiere von „Die lustigen Weiber von Windsor“ aus der Feder von Otto Nicolai.
Lang ist es her, dass diese komisch-fantastische Oper, bei der auch oft gesprochen wird, 1849 uraufgeführt wurde. Und noch viel länger, seit ihr Vorbild, Shakespeares gleichnamige Komödie, vermutlich 1597 erstmals auf eine Bühne kam.
Ein fröhlicher Spaß ist das augenzwinkernd intrigante Hin und Her, bei dem es – kurz gefasst – um den liebesunverschämten Pleite-Ritter Falstaff und die von ihm bedrängten Damen Reich und Fluth geht, auch heute immer noch. Zumal in der Wuppertaler Inszenierung von Anja Kühnhold. Sie und Anna Sophia Blersch (Bühne, Kostüme) haben zweieinhalb Stunden „gebaut“, die viel fürs Auge, einige Schmunzler und manchen herzhaften Lacher bescheren.
Gemacht ist das Ganze als gute Mischung aus modern und traditionell: Das betrifft die Kostüme sowie einen pelzverarbeitungskritischen Handlungsstrang inklusive Gegendemo. Geblieben ist, was immer bleiben wird: Ritter Falstaff hält sich (zu Unrecht) für unwiderstehlich, schreibt Frau Reich als auch Frau Fluth (beide verheiratet) gleichlautende Liebesbriefe, die Damen sind jedoch resistent und treu, Herr Fluth allerdings extrem eifersüchtig. Um sowohl Falstaff als auch Fluth zu kurieren, entwerfen die Damen ein munteres Verwirr- und Versteckspiel mit vielen Verästelungen. Und am Ende wird alles gut.
Außerdem muss sich Tochter Reich noch zweier heiratswilliger Verehrer erwehren, die sie nicht will, ihre Eltern allerdings sehr wohl. Und auch hier findet die wahre Liebe (zu Verehrer Nr. 3) natürlich zu ihrem Ziel.
Mag sein, dass man all das altbacken und „von Anno Tobak“ empfindet. Macht aber nichts, denn was die Sängerinnen und Sänger daraus machen, lässt null Langeweile aufkommen.
Allen voran Margaux de Valensart als kapriziös-emotionale Frau Fluth. Die Tragik ihrer „Alcina“ braucht sie hier nicht, hat aber ihre Händel-Leidenschaft wieder dabei. Sie liegt nicht nur stimmlich, sondern auch mimisch vor ihrer Mitstreiterin Edith Grossman als Frau Reich. Die allerdings lässt ihren Mezzosopran trotzdem sehr schön schillern.
Erik Rousi und sein Bass sind ein köstlich tölpelhafter Falstaff im Schottenrock, der von Frauen, Wein und Bier nicht lassen kann. Bis er im finsteren Elfenwald bei einem wilden Fake-Mummenschanz, der einer alemannischen Fastnacht alle Ehre macht, und bei dem der ohnehin starke Opernchor zur Höchstform aufläuft, offenbar endlich „geheilt“ wird.
Intensiv auch Zachary Wilson als Eifersuchts-Gatte Fluth sowie Sangmin Jeon als Reich-Tochter Annas wahre Liebe Fenton in Strickpulli und Hipster-Mütze. Sehr verzagt ist er, sehr verliebt und zum Schluss sehr erfolgreich bei seiner Herzdame. Die singt Natalia Labourdette vom Opernstudio NRW ganz wunderbar mit raumfüllendem Klang.
Manchmal verliert man (aber gern!) bei all dem kunterbunten Drunter und Drüber den Überblick, erfreut sich an Zachary Wilsons kurzem Hüpf-Slapstick mit Mini-Hirschgeweih – und fühlt sich insgesamt wohlig umhüllt von der Otto-Nicolai-Musik des Sinfonieorchesters. Dirigiert von Johannes Witt spannt es einen weiten Bogen, klingt manchmal ein bisschen klassisch-italienisch, manchmal romantisch-zärtlich, manchmal rassig-rasant. Da könnte es allerdings ein bisserl leiser aus dem Orchestergraben kommen, damit der Gesang nicht zu sehr in den Hintergrund rutscht.
Zum Schlussbild gibt’s ein Dreifach-Pappschild: Auf einem steht „Happy“, auf einem „End“, auf dem dritten ein Fragezeichen. Eine Prise Nachdenklichkeit inklusive – angesichts der wirklichen Welt.