Neueinstudierung von Pina Bauschs „Kontakthof“ Liebling, Liebling, Tango, Tango

Wuppertal · Vor 46 Jahren ist „Kontakthof“ von Pina Bausch uraufgeführt worden. Jetzt hat das aktuelle Ensemble das Stück neueinstudiert. Herausgekommen sind 170 Minuten, die vergehen wie im Flug.

Die beiden großartigen Frauen der Neueinstudierung von „Kontakthof“: Julie Shanahan (links) und Maria Giovanna Delle Donne.

Foto: Oliver Look

Ja – man kann sie haben, diese „Angst“, dass ein älteres Pina-Bausch-Stück schwerlastig sei, das Auf und Ab, Hin und Her zwischen Männern und Frauen zu sehr in den Vordergrund rücke, wenig böte, um einmal zu lachen. Unbegründet sind sie, diese Befürchtungen: „Kontakthof“ geht ins Herz – und es geht in die Beine. Das allein schon wegen der Musik, die überwiegend aus ganz zauberhaften deutschen 30er Jahre-Tango-Schlagern besteht. Man möchte sie mitsingen, immer wieder.

Apropos „immer wieder“: „Kontakthof“ funktioniert wie eine vielfach sich schlängelnde Schleife. Greift Themen und Bilder wieder auf, kommt zum Schluss sozusagen wieder am Anfang an. Die vielköpfige Besetzung beweist auf der kompletten Strecke, dass es funktioniert, diese „alten“, legendären Stücke ins Heute zu bringen. Nichts fehlt, nichts wirkt verschroben, alles ist echt. Kein Wunder: Es geht ja auch um Männer und Frauen. Das riesigste Thema der Welt. Eines, das sich nie ändert. Eines, das wir alle kennen. „Kontakthof“ nimmt das nie auf die leichte Schulter, bleibt aber, trotz auch mancher bitterer Szene, augenzwinkernd. Sagen wir: verliebt in die Liebe.

Eine großartige Julie Shanahan ist es, die all das zusammenhält – und auf unvergessliche Weise die schier unendlichen Modulationen des Wortes „Liebling“ durchdekliniert. Michael Strecker ganz zurückhaltend sowie zugleich raumfüllend – der starke Stille, den es hier braucht. Und Maria Giovanna Delle Donne erobert das Opernhaus.

Ja – es ist gemein, die anderen nicht auch namentlich zu erwähnen. Verdient hätten sie es alle. Beeindruckend die Quer- und Gruppen-Choreographien, die die ganze, fast leere Bühne ausmessen, die „Lines“, die im Kreis führen, die Sequenzen, während derer Geschichten erzählt werden. Und oft spielt sich vieles ganz nah am Bühnenrand ab: Diese Blicke, die wie in Holz geschnittenen Gesichter! Selten ist das Ensemble so nah, so (körperlich) präsent.

Diese „Kontakthof“-Neuinszenierung, die nur einmal, kurz vor der Pause, für ein paar Minuten „hängt“, ist zeitlos schön, zeitlos wahr. Und wirklich witzig ist sie außerdem.