Von der Heydt-Museum: Starke Land-Art-Schau Wüste, Wasser und die Weite
Wuppertal · Eine ganz besondere Ausstellung, die vor Wochen durch Corona ausgebremst wurde, „versteckt“ sich zurzeit im Mezzanin (= Halbgeschoss) des Von der Heydt-Museums. „Zu Lande und zu Wasser“ ist eine umfassende Werkschau des Land-Art-Künstlers Hannsjörg Voth – und definitiv einen Besuch wert. Möglich ist das noch bis zum 13. September 2020.
Hannsjörg Voth, der 1940 geboren wurde, hat seit den 70er Jahren immer wieder – sowohl in Deutschland und den Niederlanden als auch vor allem in Marokko – aufsehenerregende Kunst-Projekte realisiert, die in ihrer Art ihresgleichen suchen. Kuratiert von Dr. Anna Storm ist in drei Räumen des Von der Heydt-Museums eine Reise möglich, die den Betrachter vom Kleinen zum Großen führt und streckenweise staunend schweigen lässt.
Zu sehen sind Zeichnungen, Modelle und Fotografien – wobei sich der Bogen von den Voth-Großprojekten bis hin zu feinen Arbeiten auf Papier spannt, die bis 2007 entstanden sind. Präsentiert werden 47 grafische Arbeiten, zwölf Materialbilder, neun Objekte sowie 60 in ihrer dokumentarischen Klarheit bestechende Schwarz-Weiß-Fotos von Ingrid Amslinger, deren Name nicht umsonst mit auf dem Ausstellungsplakat steht. Voth, der in seiner aktiven Zeit monatelang allein in der marokkanischen Wüste zwischen Atlasgebirge und Sahara lebte, um dort seine Land-Art-Projekt mit einheimischen Arbeitern und Vor-Ort-Materialien umzusetzen, hat zahlreiche archaisch anmutende Zeichnungen gemacht, für die er Erde, Sand, Federn, Seilstücke, Socken, Kurkuma-Pulver oder auch Nagellack verwendete: Entstanden sind fremdartige, mythenhafte Mischwesen, die strecknweise an frühzeitliche Felszeichnungen erinnern. Ihnen gehören die ersten beiden Räume der Ausstellung.
Wer dann um die Ecke biegt, steht vor der viel Fläche einnehmenden intensiven Dokumentation der Großprojekte des Hannsjörg Voth: Modelle, Überformatfotos, Entwurfszeichnungen. Die mit Leintüchern umwickelten 28-Meter-Fichtenstämme der „Feldzeichen“ aus den 70er Jahren in Bayern. Unbekannte haben sie umgesägt. Das aus einem Monolith gemeißelte „Boot aus Stein“, das in einer Holzpyramide auf 3,50 Meter übers Wasser des IJsselmeeres ragenden Holzstämmen ruhte. Packeis zerstörte die Konstruktion, das vier Meter lange steinerne Boot liegt seit 1981 auf dem Meeresgrund. Die „Himmelstreppe“, die sich dreiecksförmig hoch in den Himmel der Marha-Ebene in Marokko erhebt. Entstanden von 1980 bis 1987 gibt es sie auch heute noch. Im Inneren der Treppe lebte und arbeitete Hannsjörg Voth.
Vielleicht das spektakulärste Projekt des Künstlers war die „Reise ins Meer“ von 1978, die auch in dieser Ausstellung viel Raum einnimmt: Auf einem zehn Meter breiten und 32 Meter langen Baumstammfloß lag eine 20 Meter lange mit Leintüchern umwickelte und Stricken gefesselte Figur mit einer Bleimaske – ähnlich einer Mumie. Unterhalb der Mumie lebten Voth und seine Flößer, die das Kunstwerk während mehrerer Tage von Speyer über den Rhein bis nach Rotterdam fuhren. In der Nordsee wurde die Figur (als Teil des Projektes) verbrannt. Seinerzeit gab es über diese Aktion auch Berichte beispielsweise in der „Tagesschau“.
Die 60 mal 90 Meter umfassende „Goldene Spirale“ in der marokkanischen Wüste sowie die 40 mal 100 Meter umfassende Anlage namens „Stadt des Orion“, die mit sieben Türmen in der Wüste die sieben Sterne des Sternbildes Orion nachbildet, runden die Präsentation ab.
Was sich da so bescheiden hinter dem unauffälligen Titel „Zu Lande und zu Wasser“ verbirgt, ist ein ungewöhnliches Stück Kunst, das man nicht oft unter einem Museumsdach finden wird. Unbedingt anschauen!