Neue Rundschau-Buchtipps Oldenburger Jugend, Wuppertal global

Wuppertal · Geschichte, Geschichten und Geschichtsgeschichten: Hier sind vier neue Bücher mit Wuppertaler Wurzeln.

„Nedderend“ von Christiane Gibiec hat den Untertitel „68er Roman“.

Foto: Verlag Rote Katze

Die bekannte Wuppertaler Autorin Christiane Gibiec geht zurück in zwei Vergangenheiten: Die gar nicht so weit entfernte während der späten 60er Jahre – und die der Nazi-Zeit. In Nedderend, das ein Straßenumfeld in Gibiec‘ Heimat Oldenburg bezeichnet, stehen vier Jugendliche im Mittelpunkt. Die beginnen, Schritt für Schritt die Mauern des Schweigens niederzureißen, mit denen sie in der Nachkriegsgesellschaft und ihren Familien angesichts der deutschen NS-Vergangenheit konfrontiert sind.

Mit viel Detailtreue und Anteilnahme erzählt Christiane Gibiec eine mehrschichtige Geschichte, die bis hin zum immer noch oft unbekannten Thema der Verfolgung von Sinti und Roma reicht. Der Bogen, den „Nedderend“ spannt, ist sehr weit. Jugendliche Auflehnung und enttäuschte Liebe, körperliche und seelische Verletzungen, die Schrecken des (Ver-)Schweigens und auch subversive Protestaktionen: Der dicht geschriebene und gut recherchierte Text steckt voller Ereignisse. Lehrreich ist er, ohne belehrend zu sein. Und nie langatmig. Erschreckend und schmerzlich übrigens auch. Manchmal mag man nicht glauben, dass das, was den jungen Leuten passiert, nur wenige Jahrzehnte in Deutschland her ist.
Verlag Rote Katze, 22 Euro.

Inhaltlich dazu passt eine Quellensammlung, die Stadt und Begegnungsstätte Alte Synagoge als 38-seitige Broschüre herausgebracht haben: Zerstörung der Demokratie. Vor 90 Jahren: Die Nationalsozialisten kommen an die Macht. Hier sind alle Texte, die am 30. Januar 2023 in der Wuppertaler Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus‘ verlesen wurden, zu finden. Eine wichtige Sammlung für die politische und historische Bildung aller Generationen.
Drei Euro bei der Begegnungsstätte Alte Synagoge. Telefon: 0202 / 563-2843. Mail: info@alte-synagoge-wuppertal.de. Für Schulen gibt es auf Nachfrage einen Klassensatz (30 Stück) umsonst.

Als Quelle für (lokal-)historisch Interessierte eignet sich auch Wuppertal. Eine Globalgeschichte aus der Feder von Heiko Schnickmann, dem man gut und gerne den Titel „Kirche, Kaffee, Kolonien“ hätte geben können. In sieben Kapiteln reist Schnickmann von Wuppertal aus in die (fast) ganze Welt, erkundet und analysiert Vergangenes, kommt wieder zurück – und bringt zahlreiche Informationen über globale Vernetzungen mit, deren Auswirkungen noch heute in der Stadt zu finden sind. Nur ein Tipp: Wer auf dieser Reise mit an Bord war, sieht die Bergische Kaffeetafel ganz neu. Und ganz global.
SchnickPrints, 20 Euro.

Zum Schluss dann auch noch was aus dem Wohlfühl-Ressort: Von Tessa Hansen, die in Wuppertal aufgewachsen ist und als junge Erwachsene hier gelebt und gearbeitet hat, ist der über 400-seitige Taschenbuchroman Das kleine Bücherschiff erschienen. In Hamburg machen zwei Freundinnen aus einem alten Boot eine schwimmende Buchhandlung, was schon kein ganz einfaches Unterfangen ist. Drumherum entwickeln sich eine Romanze, die es nicht immer leicht hat, eine Luxussanierungsgefahr für die Buchhandlung, manches Auf und Ab – und dann ein Happy End. Tessa Hansen erzählt ihre Geschichte, in der die Heldinnen manchem Gegenwind trotzen müssen, gut gelaunt und voller Leichtigkeit.
Insel-Verlag, 11,95 Euro.