Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Unsere Elbphilharmonie

Wuppertal · Waren Sie schon mal im Simonshöfchen? Ach so. Macht aber nichts. Ich war auch schon da. Allerdings vor geraumer Zeit und zum Glück nur zum Fußballspielen gegen eine Gefängnisauswahl auf dem hauseigenen Aschenplatz.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Wenn ich irgendwann da noch mal antrete, ist aus dem Aschenplatz wahrscheinlich eine Art Allianz-Arena geworden, weil das Gefängnis demnächst umgebaut wird.

Und dieser Umbau kostet mit 210 Millionen Euro deutlich mehr als der neue Döppersberg, obwohl Justizvollzugsanstalten ja im Allgemeinen nicht unmittelbar als Prachtbauten konzipiert werden. Also muss mindestens noch ein Stadion oder etwas Ähnliches enthalten sein.

Wenn ich das mal umrechne, könnte man alternativ jedem der demnächst hier untergebrachten 585 Häftlinge ein frei stehendes Einfamilienhaus für rund 360.000 Euro bauen und ihm mit Blick auf die personelle Ausstattung der JVA eine Halbtagskraft für den Haushalt zur Verfügung stellen. Damit käme man immer noch billiger weg als mit dem Umbau. In dieser Umgebung dürfte die Resozialisierung zudem relativ leicht gelingen.

Dabei sind in den 210 Millionen weitere Kostensteigerungen ja noch gar nicht berücksichtigt. Die betrugen von Mitte vergangenen Jahres bis diesen März bereits 40 Millionen Euro. Wenn man das hochrechnet, muss man eigentlich nicht mehr von Höfchen, sondern von einem ausgewachsenen Simonshof sprechen. Und der wird dann vielleicht so eine Art Elbphilharmonie für Wuppertal, in der aber blöderweise ausschließlich der Gefangenchor aus "Nabucco" aufgeführt werden kann.

Möglicherweise fragen Sie sich jetzt genau wie ich, warum ein Gefängnisbau eigentlich so teuer sein muss. In führenden Einrichtungsmagazinen wie "Schöner Wohnen" liest man schließlich relativ wenig über Justizvollzugsanstalten mit aufwändiger Ausstattung im modernen Landhausstil oder Zellen mit Wintergärten. Und Gefängnismauern werden normalerweise auch nicht aufpreispflichtig von führenden Landschaftsarchitekten nach Feng-Shui-Gesichtspunkten ausgerichtet. Ich vermute daher, dass es an den Türen liegt.

Es gibt ja kein öffentliches Gebäude mehr ohne diese Brandschutztüren, von denen jede einzelne mehr kostet als ein kompletter Löschzug der Feuerwehr. Diese Türen schützen Feuersbrünste sehr wirkungsvoll vor Menschen, weil letztere die sauschweren Brandschutztüren aus eigener Kraft kaum noch öffnen können. Das Feuer kann sich so in aller Ruhe weiter ausbreiten, ohne von störenden Gebäude-Insassen beeinträchtigt zu werden.

Was aber passiert, wenn sich das Feuer und ein frühstücksseitig nicht mit größeren Mengen Schwarzbrot versorgter Mensch im selben öffentlichen Raum hinter einer zu schweren Brandschutztüre befinden, hat sich mir noch nicht erschlossen. Und diese Gemengelage wird ja im Gefängnis noch komplizierter, wenn die Türe eigentlich Feuer draußen und Menschen durchlassen müsste, die aber als Häftlinge gar nicht raus dürfen. Darüber können die Türen ganz schnell verrückt und deshalb noch viel teurer werden, weil sie dann zum Therapeuten müssen.

Sollten die Türen wegen der offensichtlichen Ausweglosigkeit ihrer Situation auch noch zu Alkohol oder anderen Sachen greifen, dann müssen sie im Gefängnis übrigens drei Monte auf einen Termin beim Drogenberater warten. In die investiert man nämlich deutlich weniger als in die Umbauten, deshalb gibt es viel zu wenige.

Man könnte natürlich auch viel mehr dafür tun, dass die Leute gar nicht erst für teures Geld ins Gefängnis kommen. Aber das ist beim Land bestimmt ein anderer Topf. Und da sind gerade keine 210 Millionen drin ...

Bis die Tage!