Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Razzia in Bethlehem reloaded

Wuppertal · Vorige Woche habe ich ja über die wie Pilze aus dem Boden sprießenden Weihnachtsmann-Figuren in Übergröße geschrieben. Das ist übrigens zumindest in der Geschäftswelt kein ganz neues Phänomen, wie mir beim Stöbern in alten Glossen jetzt aufgefallen ist.

Rundschau-Redakteur Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

2007 habe ich nämlich das hier unter dem Titel "Razzia in Bethlehem" geschrieben — und finde es immer noch gut, weshalb ich es einfach noch mal wiederhole. (Dann habe ich auch eine Stunde Zeit gewonnen, um Geschenke zu kaufen ...):

Immer wieder schön ist unser gehobenes Behördendeutsch, das auch von Wuppertaler Beamten erfolgreich zur Durchführung gebracht wird. Zum Beispiel in einem Brief, der jetzt die Betreiberin eines Modegeschäftes auf dem Werth erreichte. Das Ressort Ordnung und Verkehr nimmt darin Bezug auf die "Inanspruchnahme öffentlicher Fläche durch eine Weihnachtsmannfigur". In der Übersetzung für den Normalbürger heißt das sinngemäß, dass die Geschäftsfrau auf dem Werth einen ziemlich großen und durchaus hübschen Nikolaus aufgestellt hat, um wenigstens etwas weihnachtliche Atmosphäre in den Wuppertaler Regen zu zaubern.

Das ist im Prinzip ein durchaus lobenswerter Versuch, die Innenstadt im Advent zu attraktivieren, aber leider auch ein gravierender Verstoß gegen Paragraf 18 des Straßen- und Wegegesetzes Nordrhein-Westfalen. Deshalb lässt die städtische Stadt nach einer Ortsbesichtigung wissen:

"Eine derartige Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus bedarf der Erlaubnis des Straßenbaulastträgers, im vorliegenden Fall der Stadt Wuppertal. Eine Genehmigung kann nur dann erteilt werden, wenn die Werbefigur das Ausmaß von 1,20 Meter Höhe und 0,70 Meter Breite nicht überschreitet und der Fußgängerverkehr weder behindert noch gefährdet wird. Die Weihnachtsmannfigur entspricht nicht dem in der Sondernutzungssatzung vorgegebenen Ausmaß und ist daher unverzüglich aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass jede Inanspruchnahme öffentlichen Verkehrsraumes eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des Paragrafen 59 Straßen- und Wegegesetz darstellt und mit einer Geldbuße bis zu 1.000 Euro geahndet werden kann.

Das muss man erstmal sacken lassen. Der Weihnachtsmann ist also viel zu groß und viel zu gefährlich für Fußgänger. Wahrscheinlich vor allem dann, wenn sie nicht brav waren und er die Rute auspackt. Aber sonst? Kann man denn da nicht ein Auge zudrücken? Man stelle sich bloß mal vor, die Wuppertaler Ordnungsbehörden hätten vor 2007 Jahren im Heiligen Land Amtshilfe geleistet. Dann wäre Maria und Josef doch spätestens am 28. Dezember 0000 folgender Brief der Stadtverwaltung Bethlehem per Einschreiben zugestellt worden:

"Sehr geehrte Eheleute Maria und Josef (wie hießen die eigentlich mit Nachnamen?), wie bei einer Ortsbesichtigung festgestellt wurde, haben Sie am 24. Dezember in einer Krippe im Zuständigkeitsbereich der Stadt Bethlehem die Niederkunft eines Kindes zur Durchführung gebracht. Eine derartige Umnutzung nur zur Tierhaltung vorgesehener feststehender Gebäude ist ein Verstoß gegen Paragraf 08/15 der Nutztierhaltungssatzung des Landes Judäa.

Des Weiteren wurde noch in 25 Metern Entfernung vom betroffenen Stall ein durch himmlische Chöre im Krippenbereich verursachter Geräuschpegel oberhalb des für Ortsteile in landwirtschaftlicher Nutzung maximal zulässigen Emissionswertes von 75 Dezibel festgestellt. Darüber hinaus wurden im öffentlichen Verkehrsraum vor dem Stall drei verbotswidrig abgestellte Kamele angetroffen, deren Halter unbekannt sind. Zugleich wurden im Zuge ihrer rechtswidrig durchgeführten Niederkunft drei in Bethlehem nicht gemeldete Personen in ihrer Begleitung gesehen, bei denen der dringende Verdacht des Verstoßes gegen das Asylgesetz besteht.

Zur Klärung des Sachverhaltes fordern wir Sie auf, unverzüglich beim Ressort Drang und Salierung der Stadtverwaltung Bethlehem, Sachbearbeiter Herr Piesack, vorzusprechen. Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass Nichterscheinen mit einer Ordnungsstrafe nicht unter 1.000 römische Sesterzen belegt wird."

Wenn sich die Weihnachtsgeschichte also sagen wir mal in Beyenburg abgespielt hätte, wären Maria und Josef mit der ganzen Nummer folglich nicht so ohne weiteres durchgekommen! Ich sehe die Schlagzeilen förmlich vor mir: "Ordnungsamts-Razzia im Stall!" "Knöllchen für heilige drei Könige!" — und dann auch noch "Säugling mit Heiligenschein in der Antonius-Babyklappe". Halleluja!"

Bis die Tage!