Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Aralandia und Trostlosia
Wuppertal · Wir haben da ja eine neue bomfortionelle Attraktion im Wuppertaler Zoo. Sie heißt Aralandia und ist im Prinzip ein riesiger Käfig mit einer Art Dschungel drin, in dem einem große und kleine Papageien so nah um die Ohren fliegen wie sonst nur Mücken am Baggersee. Das ist wirklich spektakulär. Gehen Sie da hin, wenn Sie noch nicht da waren!
Die Stars sind dabei mindestens ein Dutzend Hyazinth-Aras, bei denen es sich um echte gefiederte Kawenzmänner handelt, die locker einen halben Meter groß werden. Leider sind sie vom Aussterben bedroht, was kein Wunder ist, weil ich in den Geschäften immer wieder große Mengen ara-Schuhe sehe.
Im Wuppertaler Zoo werden Ara-Jungs und Ara-Fräuleins daher jetzt zusammmengeführt, auf dass sie sich zur Arterhaltung verlieben, paaren und neue kleine Aras machen. Aralandia ist also genau genommen eine Art Papageien-Tinder oder übernimmt – aus der Perspektive der älteren Generatiion – die Funktion, die früher Tanzschulen hatten. Der Hyazinth-Ara ist farblich in einem tollen Blau mit etwas Gelb gehalten, aber meines Wissens nach nicht in der FDP, sondern überwiegend im Regenwald anzutreffen. Er ist aber nicht nur enorm blau, sondern auch enorm laut. Eine Kombination, die man in dieser Form bereits seit vielen Jahren von Ballermann-Touristen kennt. Ein einzelner Ara kann genauso viel Krach machen wie der Sänger von AC/DC und hat auch eine ganz ähnlich klingende Stimme. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die bekanntlich überaus lärmempfindlichen Anwohner des Zoo-Viertels gegen den Ara-Lärm gerichtlich vorgehen. Ich bin allerdings nicht sicher, ob sich Aras ähnlich herunterregeln lassen wie die Beschallungsanlage im Stadion am Zoo. Auf den Erklär-Tafeln in der Volière stand jedenfalls nicht drauf, dass am Ara ein Lautstärkeregler dran ist.
Stattdessen ist da aber nachzulesen, dass Aras auch sprechen lernen können. Ich bin sicher, dass viele Besucher genau das mit ihnen üben werden und ihnen Satzbröckchen vorsagen, die sie dann nachplappern sollen. Auf diese Weise dürften die Aras relativ schnell mit der Wuppertaler Mundart vertraut werden. Und irgendwann wird uns dann ein Ara mit seinen großen, gelb umrandeten Augen von der Seite angucken und fragen: „Samma, wat happt ihr Birnemänner ons dann da ongen fürn hässlichen Klotz hingestellt?“
Das schicke Aralandia liegt nämlich direkt neben Trostlosia in Form der Rückseite der seit Jahrzehnten leer vor sich hin gammelnden Zoo-Säle. Deren 100 Meter lange Front vermittelt einen lebendigen Eindruck davon, wie das in den 50er Jahren erbaute Kongresszentrum einer bulgarischen Provinzstadt 20 Jahre nach einem Neutronenbomben-Angriff aussehen würde. Das triste Ensemble ist das erste, was auswärtige Zoo-Besucher auf dem kurzen Weg zu Aralandia zu sehen bekommen. Sie werden dann annehmen, dass sie möglicherweise versehentlich in den verlassenen Kulissen der Verfilmung von „Die letzten Tage der Menschheit“ und nicht in einem Tierpark gelandet sind. Wenn irgendwann „Indiana Jones 8 – Jäger des verlorenen Ballsaals“ gedreht wird, kommen die Kamerateams vielleicht hierhin zurück ...
Warum ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, bis dahin wenigstens ein paar bunte Bilder vor die schmärigen Fenster zu hängen, damit Besucher auf dem Weg zu Aralandia keine Angst bekommen, wenn sie an dem riesigen Lost-Gaststätten-Space vorbeilaufen? Ideal wären natürlich welche mit Tieren drauf, dann sähe das Ganze gleich viel freundlicher aus. Vielleicht könnten die ja auch von Wuppertaler Kindern gemalt werden, das wäre sympathisch. Aber wie ich das so kenne, müsste das Gebäudemanagement die Herstellung von Tierbildern durch Wuppertaler Kinder bestimmt erst europaweit ausschreiben. Und wenn dann der Auftrag erteilt ist, wäre wahrscheinlich keine Farbe mehr da ...
Bis die Tage!