Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Die Schaumparty

Wuppertal · Weil Kinder heute oft nur noch ihren Avatar an der Playstation bewegen, sich selbst aber gar nicht mehr, ist Schulsport besonders wichtig. Für dessen Ausübung ist es von Vorteil, wenn man eine Halle hat.

Roderich Trapp.

Foto: Max Höllwarth

Gleich einen ganzen bomfortionellen neuen Hallen-Komplex hat die Stadt jetzt an der Nevigeser Straße gebaut, auf dass die Schulklassen von der Kruppstraße künftig für ihre Leibesübungen nicht mehr länger durch die Stadt fahren müssen als der Sportunterricht überhaupt dauert.

Früher war auf dem Gelände der Fußballplatz von Borussia Wuppertal, einem Verein, der durch die Fusion mit dem WSV ähnlich spurlos verschwand wie sein kleines Stadion. Jetzt gibt es hier eine große und eine kleine Sporthalle, in denen abends auch Vereinssportler die Kalorien abtrainieren können, die sie vorher im ebenfalls neuen Lidl gleich nebenan gekauft haben. Ich habe das Privileg, als einer der ersten Nutzer meine bescheidenen sportlichen Aktivitäten in diesem nagelneuen Ambiente ausüben zu dürfen. Draußen hängt an dem Komplex ein Schild mit der Aufschrift „Gute Schule“, die daran erinnert, aus welchem Förderprogramm das Projekt bezahlt wurde. Es impliziert, dass es woanders noch viele schlechte Schulen gibt, was Kinder bestätigen können, die mit Sturzhelm in den Unterricht gehen, weil in ihrem Altbau immer der Putz von der Decke fällt.

An der Nevigeser Straße ist die Ausstattung dagegen hervorragend und vorbildlicherweise auch noch so behindertengerecht, dass Wuppertal problemlos spontan die Ausrichtung der Paralympics übernehmen könnte, falls die Inzidenz in Tokio zu sehr ansteigt. Wenn man sich in der Halle komplett verausgabt hat, begibt man sich in die großzügigen Umkleiden und freut sich auf eine erfrischende Dusche. Nun ist es so, dass Duschen in Sporthallen früher klassicherweise aus einem Brausekopf plus einem Warmwasser- und einem Kaltwasserhahn bestanden, mit deren Hilfe man relativ problemlos Temperatur sowie Duschbeginn und -ende regeln konnte. Dieses Prinzip war offensichtlich so simpel, bewährt und erfolgreich, dass man es in modernen Nassbereichen dringend ändern musste.

Deshalb finden wir in dem neuen Komplex jetzt als Duschvorrichtungen Metall-Wandverkleidungen mit oben montierten Wasserauslässen vor, die mit üppigem Platzangebot links und rechts sowie Sitzgelegenheiten zwar gut für die Inklusion, aber schlecht zum Duschen sind. Der Duschvorgang muss nämlich durch die Berührung eines kleinen Knöpfchens gestartet werden, auf dem ein noch kleinerer Sensor sitzt. Auf was dieser Sensor reagiert, bleibt letztlich rätselhaft. In der Regel steht man nackt in der Gemeinschaftsdusche, drückt den Finger auf den Auslöser und wartet erfolgreich darauf, dass nichts passiert. Wenn man das mehrfach gemacht hat und möglicherweise noch einen Regentanz aufführt, kommt dann plötzlich doch Wasser von oben, das grundsätzlich zu warm oder zu kalt ist.

Regeln könnte man das theoretisch über einen merkwürdigen Drehknopf mit einem seltsamen Nuppi zum Drücken und einem roten und einem blauen Pünktchen dran, dessen Einfluss auf die Temperatur sich mir bisher nicht erschlossen hat. Ich denke derzeit über eine Ausbildung zum Sanitärinstallateur nach, um mir beim nächsten Mal nicht wieder die Schwarte zu verbrennen.

Hat man aber einen günstigen Moment erwischt und sich unter fließendem Wasser einshampoonieren können, geht die Dusche plötzlich aus. Dann muss man mit geschlossenen Augen sowie Schaum am Kappes und dem ganzen Balg blind nach dem Taster suchen, den man schon mit offenen Augen nicht richtig bedienen kann. Die daraus resultierenden Bewegungsabläufe ähneln denen eines volltrunkenen Ibiza-Urlaubers inmitten einer Schaumparty. Sie wiederholen sich mehrfach, weil die Dusche mit konsequenter Bosheit genau dann wieder ausgeht, wenn man nicht damit rechnet ...

Ich vermute, dass mit diesen Duschen Energie und Wasser gespart werden soll. Wenn erst gar keins rauskommt, klappt das natürlich bestens ...

Bis die Tage!