Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Viel besser als Brüssel!
Wuppertal · Zu den größten Enttäuschungen meines Lebens gehörte der Tag, an dem ich als Köttel mit meinen Eltern Brüssel besichtigte. Tagelang hatte ich mich darauf gefreut, endlich das weltberühmte Wahrzeichen der belgischen Hauptstadt in echt angucken zu können.
Ich nannte es auf gut Wuppertalerisch „Männeken Piss“, weil ich sicher war, dass der landessprachlich korrekte Name „Manneken Pis“ ein Schreibfehler war. In meiner Phantasie handelte es sich um eine in Stein gemeißelte, überdimensionale Ungezogenheit, die einen als Kind natürlich fasziniert. Die Realität war leider ernüchternd: Das Männeken war noch kleiner als ich, stand in der ziemlich ranzigen Ecke einer Altstadt-Gasse und war auch noch eingezäunt, so dass man mit ihm rein gar nichts anfangen konnte ...
Wegen dieses Kindheitstraumas bin ich von Hause aus erstmal skeptisch, wenn mir einer was von Wasser-Sensationen im Stadtbild erzählen will. Jetzt aber hat mich ausgerechnet Wuppertal eines Besseren belehrt. Da ist nämlich am Mittwoch auf dem neu gemachten Von der Heydt-Platz auch das im Boden installierte Wasserspiel in Betrieb gegangen. Es besteht aus kleinen Düsen im Boden, die in unterschiedlichen Mustern an- und abschwellende Wasserstrahlen bogenförmig auf das Pflaster spucken. Wir haben also kein „Männeken Piss“, sondern ein „Plätzken Piss“, das im Prinzip ähnlich funktioniert wie der Krukenstock in Brüssel, aber deutlich vielseitiger ist und Kinder nicht enttäuscht, sondern begeistert.
Die Blagen werden nämlich von den Wassersäulen ähnlich magisch angezogen wie von Play-Stations oder Smartphones, obwohl es statt einer Tastatur nur Buttons auf dem Boden gibt, mit denen man die Fontänen beeinflussen kann. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Köttels dabei ziemlich schnell ziemlich nass werden – genau wie ihre Eltern beim Versuch, die Kleinen aus dem Fontänenwald herauszuziehen. Falls Petrus beschließt, diesen Sommer doch noch mal Temperaturen über 20 Grad vorzusehen, wird der Familienspaß bestimmt noch größer.
Im Übrigen ist ja bekannt, dass viel zu viele Kinder in Wuppertal nicht schwimmen können und höchstens mal unter Wasser waren, wenn sich ihre Mütter für eine Geburt in der Badewanne entschieden haben. Die führen wir so vielleicht doch noch an die Wassergewöhnung heran, während ihre Eltern bei C & A einkaufen.
Ich sah auch schon diverse Versuche, Selfies vor dem Wasserspiel-Hintergrund zu machen. Vielleicht sollte die Stadt dafür noch passende Markierungen aufbringen, die sicherstellen, dass man auch die karierte Fassade des TK MAXX-Hauses mit drauf hat. Die sieht mit ihrem drolligen Muster bekanntlich aus wie der Pullunder eines Opas aus Cornwall in den Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen und ist für mich eine Art architektonisches Weltkuriositätenerbe.
Neben den Wasserspielen gibt es übrigens auch noch trockene mit Drehhölzern auf Gestellen, an denen man zum Beispiel Memory mit Bildern aus dem Von der Heydt-Museum versuchen kann. Das ist lustig – vor allem, wenn man sich die Namen der Künstler anguckt: Auf einem davon sind nämlich dicht beieinander Gemälde der Herren Trübner und Freundlich ...
Ein ganzes Stück weiter in der Herzogstraße steht noch ein Memory – und zwar direkt in den Außenplätzen von „L‘Osteria“. Wer damit spielen will, hängt mit der Fott halb in der Pizza Funghi. Aber ansonsten: Gut gemacht, Wuppertal! Und viel besser als Brüssel ...
Bis die Tage!