Kommentar zu den Bürgerbüros Es gibt nicht nur „digital natives“

Wuppertal · Ja, es ist richtig: Die Digitalisierung schreitet voran. Was in naher Zukunft dazu führen wird, dass etwa Pass-Anträge ausschließlich online erledigt werden. Ist es also sinnvoll, schon jetzt die Bürgerbüros Cronenberg und Langerfeld zu schließen und fortan auf die Einwohnermeldeamt-Zentrale am Barmer Steinweg sowie die Außenstellen Vohwinkel und Ronsdorf zu setzen? Ein klares Nein.

Kann man Personalausweise bald nur noch in Barmen, Vohwinkel und Ronsdorf bantragen?

Foto: Bundesministerium des Innern

Die Einwände aus den betroffenen Stadtteilen sind berechtigt. Zumal der Standort Barmen ebenfalls wackelt, sollte die Verwaltung die Räume in der ehemaligen Bundesbahndirektion am Döppersberg anmieten. Dann wäre der Osten Wuppertals, ohnehin nicht verwöhnt, „blank“. Kaum zu glauben mit Blick auf die mantraartigen Beteuerungen, eine Verwaltung solle „bürgernah“ sein.

Sicher, immer mehr Seniorinnen und Senioren sind digital unterwegs. Man braucht sich nur in Restaurants umzusehen, wo sie der Verwandtschaft oder Freunden mit ordentlicher Lautstärke Videos auf dem Smartphone präsentieren. Viele Menschen im Rentenalter sind aber eben keine „digital natives“, also Menschen, für die Computer, Tablets, Handys und Co. etwas ganz Normales sind, weil sie die Telefonzelle (wahlweise mit abgerissenem Hörer, zerfleddertem Telefonbuch, schlimmen Hinterlassenschaften oder zugeklebtem Münzschlitz), das quietschende Fax oder den Kasettenrekorder nicht mehr kennengelernt haben. Die Gesellschaft wird immer älter, darauf sollte Rücksicht genommen werden.

Natürlich ist das Thema Bürgerbüros aber auch ein politisches. Cronenberg fühlt sich seit jeher „von denen da unten“ zu wenig beachtet. Und: Nicht selten mussten sich die Ratsmehrheiten in den vergangenen Jahren vorwerfen lassen, recht widerspruchlos den Vorschlägen der Verwaltung zu folgen.

Nun regt sich parteiübergreifend Widerstand: erst beim Thema Bundesbahndirektion, nun bei den Bürgerbüros. Die Zweifel daran, ob sich so wirklich, wie von Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig begründet, Geld sparen (das ginge an anderen Stellen viel leichter) und gleichzeitig der Service verbessern lässt, sind zumindest legitim.

Müsste der Service vor Ort nicht doch viel mehr im Vordergrund stehen, eher sogar ausgebaut werden, durch mehr Personal als direkter Ansprechpartner? Dazu ein klares Ja. Man darf auf die Entscheidung des Rates sehr gespannt sein.