Kommentar zu Sitzungsausfällen Gremien im digitalen Dornröschenschlaf
Wuppertal · Ausschüsse, Beiräte und Bezirksvertretungen: Rund 20 Sitzungen städtischer Gremien standen im Corona-Monat Januar auf dem Wuppertaler Politik-Kalender. Die Hälfte davon fiel ersatzlos aus, ein Drittel fand per Videokonferenz statt, nur der kleine Rest ging als Präsenzveranstaltung über die Bühne.
Für die virtuellen Treffen hat sich der Terminus „informeller Meinungsaustausch“ eingebürgert. Eine Hilfskonstruktion, die dem Umstand geschuldet ist, dass kommunale Gremien formal nur in Präsenz tagen dürfen und vor allem nur dann auch beschlussfähig sind. Daran haben auch zwei lange Corona-Jahre nichts geändert. Die politische Willensbildung ist daher zu einem Rumpf-Betrieb verkommen, in dem Beschlüsse ohne die üblichen Vorberatungen in Fachausschüssen auf die Ratssitzungen verschoben werden.
Oder es kommt zu skurrilen Vorgängen wie diesem: Ausschussmitglieder treffen sich erst per Videokonferenz und diskutieren (übrigens unprotokolliert) die Tagesordnungspunkte, um anschließend aus allen Himmelsrichtungen in die Aula der Gesamtschule Langerfeld zu fahren, um dort noch schnell im Akkord per Handzeichen das vorher diskutierte in formale Beschlüsse zu gießen. „Dafür fahre ich dann 15 Kilometer durch Wuppertal und wieder zurück“, schimpfte ein Beteiligter im Gespräch mit der Rundschau und findet das zu Recht mittelalterlich.
Schuld daran ist aber nicht die Stadt Wuppertal, sondern die Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen, die nichts anderes zulässt. Der Wuppertaler Stadtrat hat – wie viele andere Kommunalparlamente – schon vor einem Jahr eine Resolution beschlossen, in der die Landesregierung aufgefordert wurde, digitale Gremienarbeit zu ermöglichen. Die technischen Voraussetzungen dafür hatte die Stadt mit der Einrichtung entsprechender digitaler Räume für virtuelle Sitzungen nach eigener Darstellung längst geschaffen.
Während die Pandemie das politische Leben weiter lahm legte, konnte man sich in Düsseldorf aber nur dazu durchringen, im August in 16 Kreisen, Städten und Kommunen ein „Modellprojekt digitale und hybride Gremiensitzungen“ an den Start zu bringen. Es hat natürlich ergeben, dass es dabei erhebliche Datenschutz- und IT-Sicherheitsprobleme gibt, die erst überwunden werden müssen. Jetzt arbeitet man an einem Gesetzentwurf, der das Problem lösen soll. Ich bin zuversichtlich, dass der pünktlich zum Ende der Pandemie fertig wird ...
Derweil sind in der ersten Februarwoche in Wuppertal schon wieder fünf Sitzungen ausgefallen, darunter Schwergewichte wie der Verkehrsausschuss und der Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen. In Baden-Württemberg hat die Landesregierung übrigens knapp drei Monate nach Ausbruch der Pandemie bereits die Voraussetzungen für digitale Gremeinsitzungen und Beschlussfassungen geschaffen. Da frage ich mich: Wie machen die das bloß?