Kommentar zur Nachhilfe-Kostensteigerung für sozial bedürftige Schüler Ein fragwürdiges Modell
Wuppertal · In Bildung zu investieren, ist immer gut. Bessere Schulabschlüsse bringen mehr Chancen im Arbeitsleben. Doch in Wuppertal laufen die Dinge in Teilbereichen aus dem Ruder: Denn beim Bildungs- und Teilhabepaket für Schüler mit Hartz IV oder Sozialhilfe tut sich Erstaunliches: Landesweit gibt es kaum eine Stadt in NRW, die pro Kopf mehr ausgibt.
Und die Entwicklung scheint noch nicht am Ende: Die Steigerungsrate ist sogar einsame Spitze.
Das damit verbundene Minus in der Stadtkasse hat sich die Verwaltung nicht ausgesucht. Sie kann es nicht einmal steuern: Wenn Schüler Nachhilfe beantragen und die Schule das bestätigt, muss die Stadt zahlen. So ist das Gesetz. Der Bund gibt einen Zuschuss, der nicht reicht. Das haben Politiker bereits auf Stadt- und Landesebene kritisiert, seitdem es so ist. Lauter könnte der Protest aber durchaus werden. Denn wenn der Bund vorschreibt, was die Städte zahlen müssen, dann sollte er sie dafür ausreichend ausstatten.
Das Minus drückt Wuppertal, weil die Stadt klamm ist. Dabei legt der Kämmerer für Bildung und Teilhabe einen Betrag drauf, der verschwindend ist — verglichen mit anderen Ausgabenposten. Im Verhältnis kann sich somit sogar eine sparsame Stadtpolitik die Bildung für Schüler leisten. Allerdings sollten alle Beteiligten darüber erst diskutieren, wenn ausreichend Information vorhanden ist. Darüber diskutieren, wie sinnvoll immer mehr und immer längere Nachhilfe ist. Darüber diskutieren, für welche Schüler das zusätzliche Pauken überhaupt sinnvoll ist. Denn: Fünf Stunden Nachhilfe pro Woche sind bei Ganztagsunterricht ein belastender Brocken. Die Tage sind schon voll. Mehr hineinzupacken kann Lernfreude, Neugier und Schwung nehmen, statt sie zu fördern. Auch hier scheint ein Fehler im System zu liegen.
Wenn dann noch Nachhilfe-Einrichtungen unkontrolliert horrende Stundenzahlen in Rechnung stellen, die nie in Anspruch genommen wurden, ist das bestehende Modell vollends in Frage zu stellen. Der Prozess, der momentan vor dem Landgericht solche Praktiken zutage bringt, macht jedenfalls deutlich, dass auch an dieser Front nachjustiert werden muss.