Kommentar zur künftigen Leitung des Historischen Zentrums Gesucht wird: Ein/e Tausendsassa

Wuppertal · Der Fachkräftemangel wird landauf, landab zu einer wachsenden Herausforderung.

Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder.

Foto: Bettina Osswald

Die Stadt Wuppertal hat in dieser Hinsicht momentan ein besonderes Problem. Sie sucht eine/n Tausendsassa. Und zwar für sofort.

Nichts anderes kann man aus der Stellenausschreibung herauslesen, die seit kurzem auf dem Markt ist. Denn scheinbar plötzlich und unerwartet geht Dr. Eberhard Illner, der Leiter des Historischen Zentrums, Anfang nächsten Jahres in Ruhestand. Was der Mann bislang alles leisten musste oder sollte, geht aus der Stellenanzeige deutlich hervor: Er/sie soll das Historische Zentrum samt Engelshaus und dem Manuelskotten leiten, deren Besucherzahlen steigern, die Veranstaltungen für den 200. Geburtstag von Friedrich Engels im Jahr 2020 planen, den zunehmenden Touristenstrom aus China im kommenden Ankerpunkt NRW lenken, dazu neue Marketingstrukturen entwickeln, Drittmittel- und Sponsorengelder einwerben, das Stadtarchiv leiten und dessen Digitalisierung vorantreiben, stadthistorische Aufgaben wahrnehmen — das alles in enger Abstimmung mit den politischen Gremien, was die Sache im Normalfall nicht einfacher macht.

Gesucht wird dafür ein(e) promovierte(r) Historiker(in), mit Erfahrungen im industriegeschichtlichen Museumsbetrieb, führungserprobt, der/die bestehenden regionalen und internationalen Kooperationen vorantreibt und (Obacht: Klammes Wuppertal ...) nicht zuletzt angesichts "begrenzter Ressourcen" privates und ehrenamtliches Engagement geschickt zu bündeln vermag. Das alles vom 1. Dezember an — wenn gewünscht auch mit einer Wochenarbeitszeit von nur 35 Stunden ...

Es gebe schon eine Reihe von Bewerbungen, es sei eine attraktive Stelle, erklärt Stadtdirektor Johannes Slawig auf Nachfrage, und er hätte keine Sorge, dass man eine geeignete Person finden werde. Ich bin da weniger zuversichtlich. Der Zuschnitt des Amtes ist in der Vergangenheit immer größer geworden. Und speziell das wachsende Interesse Chinas an der Geburtsstadt Friedrich Engels birgt Chancen, denen man auf Seiten der Wirtschaftsförderung mit Schaffung des Kompetenzzentrums Rechnung getragen hat. Auch Illner hat im historisch-wissenschaftlichen Bereich wichtige Kontakte nach China geknüpft und gepflegt. Aber das alles geht nicht nebenbei mit der Leitung eines wichtigen Museums, eines überholungsbedürftigen Stadtarchivs und der Vorbereitung eines international beachtenswerten Engels-Jahres. Letztlich braucht man im Tal auch eine Konzeption, wie man Engels Thesen in die Jetzt-Zeit überträgt. Hätte man beispielsweise den Mut, sie mit einer Ausstellung über das Schicksal chinesischer Wanderarbeiter zu übersetzen?

Illners mögliche/r Nachfolger/in hat einen Sisyphus-Aufgabe vor sich — und noch eine Woche Zeit, sich dafür zu bewerben.