Kommentar zum Wuppertaler Wahlergebnis Drei Sieger, ein Verlierer

Wuppertal · Das war ganz schön knapp. Wenn Rainer Spiecker das Direktmandat gewonnen hätte, wäre das vermeintlich "rote" Wuppertal in Berlin mit zwei CDU- und einem FDP-Abgeordneten im nächsten Bundestag vertreten.

Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder.

Foto: Bettina Osswald

Dass es nicht dazu kam, ist eigentlich überraschend.

Denn wer rechnet, stellt fest, dass mehr FDP-Wähler ihre Erststimmen einem anderen Kandidaten "liehen", als Linke- und Grüne- Wähler zusammen. Obendrein hatte die CDU im Wuppertaler Wahlkreis bei den Zweitstimmen die Nase vorn. Wenn es trotzdem am Ende für Helge Lindh reichte, hat er augenscheinlich auch einige erreicht, die ihr Zweitstimmenkreuz bei der Union gemacht hatten.

Dank einer pfiffigeren Kampagne? Die Vermutung stand auch bei der überraschenden Wahl von Andreas Mucke im Raum — die Macht der Bilder, der angeblich so unbeliebten Plakate könnte vielleicht doch eine Rolle spielen. Dass sie der FDP landauf, landab geholfen hat, steht außer Frage...

Ähnlich wie bei der Oberbürgermeisterwahl ist es den Sozialdemokraten gelungen, einen unbekannten Kandidaten nach vorne zu bringen. Wer ihn vor Wochenfrist noch mutterseelenallein auf dem Laurentiusplatz mit der Bitte um Ansprache hat sitzen sehen, musste das nicht unbedingt vermuten. Andererseits litt der ebenso unbekannte Rainer Spiecker im Wahlkampf unter einem unglücklichen WDR-Auftritt und spärlicher Unterstützung durch Bundesprominenz.

So ist der örtliche CDU-Vorsitzende der eigentliche Verlierer der Wahl. Schließlich hat er ein Mandat in Berlin verpasst, nachdem er zuvor seine Kandidatur für den Landtag zurückgezogen hatte. Die hätte ihn dank eines guten Listenplatzes zumindest nach Düsseldorf gebracht — wo die Wuppertaler Union jetzt gar nicht vertreten ist! Vermutlich wären Spiecker und die Union gut beraten gewesen, den engagierten Mathias Höschel zu nominieren, der den kurzfristig von Peter Hintze übernommenen Wuppertaler Wahlkreis bis zuletzt engagiert beackert hatte.

Und was lernt die Wuppertaler Politik aus dem Gesamtergebnis, das eine Regierungsbildung so schwer wie nie zuvor macht? Große Koalitionen können keine Dauerlösung sein. Sie helfen in schwierigen Zeiten, stärken aber auf Dauer die politischen Ränder. Wären am nächsten Sonntag Kommunalwahlen, käme die "GroKo" nach meiner persönlichen Prognose nicht mehr auf die schon mageren 59,1 Prozent von 2014. Sie würde auch wegen der niedrigeren Wahlbeteiligung nicht mal mehr die Hälfte der Sitze erreichen.

Aber — auch das haben wir zuletzt immer öfter erlebt — Wahlentscheidungen werden immer kurzfristiger getroffen. Und die nächsten Stadtratswahlen finden erst 2020 statt...