Kommentar zum (wieder aufgetauchten) Volljuristen-Dezernentenproblem Ein klassisches Eigentor

Wuppertal · "Neeeeeeeeeeein — das ist nicht nötig, da reichen auch ganz andere Voraussetzungen aus": Solche oder ähnliche Formulierungen bekamen alle zu hören, die nach dem Vom-Hof-Jagen des Ex-Dezernenten Paschalis die Frage stellten, was denn nun mit dem Volljuristenproblem sei.

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Foto: Bettina Osswald

Dummerweise hat sich jetzt — und das auch noch offenbar völlig überraschend — herausgestellt, dass es nach Auffassung des NRW-Heimatministeriums und der Düsseldorfer Bezirksregierung doch genau die Voraussetzungen sein müssen, die immer schon galten: Auf der Bank der Dezernenten einer Stadt wie Wuppertal muss (Neuwahl oder Wiederwahl — völlig egal) jemand sitzen, der sich Volljurist nennen darf — sprich jemand, der das zweite juristische Staatsexamen erfolgreich abgeschlossen hat. Das war bis 2010 mit FDP-Mann Thomas Uebrick der Fall. Den mochte man nicht mehr, wollte ihn einsparen und wählte ihn nicht wieder. Bei Panagiotis Paschalis (SPD) war das auch der Fall: Wie man mit ihm umgesprungen ist, ist bekannt.

Die Folge: Wuppertal hat keinen Volljuristen mehr im Dezernentenkollegium. Es braucht aber einen. Die für Montag geplante (und als sichere Sache feststehende) Wiederwahl von Kulturdezernent Matthias Nocke, der für das ganze Durcheinander überhaupt nichts kann, ist vorerst geplatzt.
Haarsträubend — der gesamte Vorgang. Weiß niemand, was in der Gemeindeordnung vorgeschrieben ist? Hat sich niemand informiert? Hat niemand mit den Stellen, die über der Stadt stehen, gesprochen? Kann sich niemand mehr daran erinnern, dass die Bezirksregierung schon vor Jahren das Volljuristen-Fehlen nur als vorübergehende Ausnahme akzeptiert hat? Wer ist das Gehirn dieser Stadt? Und wer benutzt es warum nicht?

Was nun? Die Stadtspitze muss nach Düsseldorf, um Klarheit zu schaffen — eventuell bei harten Verhandlungen. Man wird ja wohl nicht in den sauren Apfel beißen wollen, entweder Dezernent Nocke in die Wüste zu schicken, und an seiner Stelle einen neuen Dezernenten zu suchen, der sich Volljurist nennen darf? Oder aber Nocke zu behalten, und zusätzlich einen neuen Dezernenten (mit dem Gehalt, über das die halbe Stadt bei Panagiotis Paschalis Zeter und Mordio geschrien hat) draufzusatteln? Die ganze Sache ist hochnotpeinlich — und wird eventuell richtig teuer.

Ich bin gespannt, wie das ausgeht. Fest steht: Wuppertal hat sich ein klassisches Eigentor geschossen. Die Fachwelt lacht sich schlapp. Und Bürger, die sich das auf der Zunge zergehen lassen, schlagen die Hände vors Gesicht. Siehe oben: "Neeeeeeeeeeein!"