Fußball-Oberliga: Wuppertaler SV Wickl: "Zu jeder Sekunde daran geglaubt"

Wuppertal · Fußball: Der Wuppertaler SV steht vor dem Regionalliga-Aufstieg und im Pokal-Endspiel. Nun muss ein entsprechender Etat her.

Flug ins Finale: Torwart Sebastian Wickl wurde durch mehrere Paraden und den gehaltenen Elfer zum Pokalhelden.

Foto: Dirk Freund

In der Verlängerung zog der WSV auch die psychologischen Optionen. Manuel Bölstler verließ die Mannschaftsbank, lief um das Spielfeld herum und postierte sich dicht hinter der Seitenlinie vor der Haupttribüne. Von dort rief der Sportdirektor immer wieder anspornende Worte auf den Rasen.

"Ich wollte, dass die Jungs von beiden Seiten aus gepusht werden", erklärte Bölstler. Es half. Allen voran "Oldie" Ercan Aydogmus setzte jedem Ball hinterher. Aber auch die anderen liefen die Räume zu, so dass der Regionalligist Rot-Weiß Oberhausen kaum noch zu nennenswerten Chancen kam. "Ich weiß nicht, wo die Jungs nach den intensiven Wochen zuvor diese Luft noch hergenommen haben", sagte Trainer Stefan Vollmerhausen.

Der Einzug ins Endspiel um den Niederrhein-Pokal, die damit verbundene TV-Liveübertragung in der ARD sowie die mögliche Qualifikation für den DFB-Pokal setzten offenbar zusätzliche Kräfte frei. Begünstigt durch die zumindest unglücklich erscheinenden Wechsel von RWO-Trainer Andreas Zimmermann, der noch in der regulären Spielzeit drei seiner vier Offensiv-Spieler vom Platz genommen hatte, sowie die gelb-rote Karte gegen Felix Haas (RWO) bekam der WSV nach dem späten Ausgleich von Aydogmus (90.+2) die zweite Luft. Dass das Elfmeterschießen schließlich vor der Kurve der eigenen Fans stattfand, war mental ein weiterer Vorteil. Dass Torhüter Sebastian Wickl die Gäste-Schützen aus seiner Oberhausener Zeit kannte, dann letztlich der entscheidende.

"Ich wusste um ihre Vorlieben. Außer bei Felix Herzenbruch war ich mir recht sicher, welche Ecke sie wählen würden. Allerdings haben sie sehr platziert geschossen. Gegen Christoph Caspari war das Glück dann aber auf meiner Seite", sagte Wickl. Der 25-Jährige parierte beim Stand von 4:3 den Schuss des Rechtsverteidigers der "Kleeblätter", WSV-Kapitän Peter Schmetz verwandelte — und um 22.05 Uhr hatten die Rot-Blauen den Halbfinal-Krimi gewonnen.

"Wir haben zu jeder Sekunde daran geglaubt. Natürlich ist die Entstehung des 1:1 etwas glücklich gewesen, der späte Zeitpunkt hingegen war kein Zufall. Wir haben auch in der Liga schon oft bewiesen, dass wir späte Tore machen können", sagte Wickl.

Da der WSV durch die Verlegung des Spiels beim TV Kalkum-Wittlaer auf Donnerstag, 12. Mai 2016 (19.30 Uhr, Paul-Janes-Stadion am Flinger Broich), an diesem Wochenende kein Spiel zu bestreiten hat, gab Trainer Vollmerhausen bis Montag frei. Sofort wurden Tabletts mit Bier in die Kabine geliefert, die Party konnte beginnen. Bei deutschem Schlager und Gerstensaft-Kaltschalen wurde der Endspiel-Einzug gegen Rot-Weiß Essen gefeiert. Derweil hatten einige Fans vor der Kabinentür einen Papp-Pokal mit sechs WSV-Fähnchen versehen postiert. "Das war eine wirklich schöne Geste. Aber angefasst haben wir ihn nicht, denn noch ist er ja nicht unser", sagte Wickl.

Der Torhüter war der Mann des Abends. Schließlich hatte er nicht nur einen Elfmeter, sondern sein Team gegen den flinken Arnold Budimbu in der 89. Minute auch zweimal glänzend im Spiel gehalten. "Ich bin einfach konzentriert geblieben", sagte Wickl und ergänzte: "Schön, dass ich den Jungs endlich mal etwas zurückgeben konnte, denn durch ihre gute Defensiv-Arbeit hatte ich in der Meisterschaft ja noch nicht so viel zu tun."

Das dürfte sich in der nächsten Saison eine Klasse höher spürbar ändern. Manuel Bölstler, der laut "Kicker" mit Alemannia Aachen in Verhandlungen über ein mögliches Engagement steht, wollte den Sieg daher auch nicht als Indiz werten, dass der WSV in der Regionalliga solche Auftritte konstant hinlegen kann. "Das war ein Pokal-Fight mit seinen typischen eigenen Gesetzen", sagte der 32-Jährige.

Dennoch zeigte die Stimmung im mit 4.240 Zuschauern gut besuchten Stadion am Zoo, dass mit der Unterstützung der Fans zumindest der Klassenerhalt gelingen kann. "Stimmung und Spiel waren ein Vorgeschmack, was hier zu erwarten ist", sagte Trainer Vollmerhausen und Torhüter Wickl meinte: "Der Abend hat gezeigt, was für uns möglich ist."

Der Verband hat derweil das Pokal-Endspiel nach Essen vergeben und nicht in ein neutrales Stadion. "Der finanzielle Verlust der Vereine wäre zu groß, da wesentlich weniger Zuschauer kommen würden. Es würden erhebliche Kosten an Stadionmiete entstehen. Und letztendlich übernimmt kaum ein Stadionbetreiber heutzutage noch gerne neutrale Spiele mit Blick auf Ausschreitungen, die Hooligan-Szene und so weiter", so FVN-Sprecher Günter Schmitz. "Sie können davon ausgehen, dass die getroffene Wahl auch mit Blick auf die Finanzen die weitaus beste für die beiden Vereine ist." Will sagen: Die Vermarktungsmöglichkeiten seien in der Essener Arena besser als im Zoo-Stadion ...