Antwort auf Kritik am "TrassenJam“ und "TrassenRave" "Utopiastadt ist ein Ort der Begegnung"

Wuppertal · In einem offenen Brief beziehen die Macher der "Utopiastadt" Stellung zur Kritik am "TrassenJam" und dem "TrassenRave".

Blick auf den "TrassenRave".

Foto: Julian Dell

Der Text im Wortlaut.

"Sehr geehrte Frau Möhring, liebe Menschen des Mirker Quartiers, liebe Wuppertaler, gerne nehmen wir stellvertretend für die Utopisten Stellung zu ihrem Schreiben, möchten uns in diesem Zuge aber auch noch einmal grundsätzlich positionieren.

Zunächst möchten wir auf die gesetzliche und regularische Komponente der Beschwerde eingehen:

Beide Veranstaltungen, der ,TrassenJam' (23. August 2016) und der ,TrassenRave' (6. August 2016) waren angemeldet und von städtischer Seite genehmigt. Wir haben uns zu jeder Zeit an die Auflagen, welche mit einer Meldung einer solchen Veranstaltung einhergehen, gehalten. Diese Auflagen umfassen Sicherheitsauflagen, sowie Lärmschutz- und Gastronomieauflagen.

Gerade um die Lärmschutzauflagen einzuhalten, haben wir während der Veranstaltung regelmäßig Dezibel-Messungen an mehreren Punkten auf dem Gelände, sowie an den Geländegrenzen vorgenommen. Diese sind protokolliert und die Beschallung immer wieder so nachgeregelt worden, dass die Messwerte zu jedem Zeitpunkt den gesetzlichen Vorgaben entsprachen. Hier ist besonders hervorzuheben, dass der offizielle Grenzwert an der Grundstücksgrenze des Bahnhofs zum Wohngebiet mit 70-75dBA vorgegeben wird.

Dieser Wert wird auch ohne Veranstaltung - alleine schon durch die neben dem Gelände befindliche Autobahn - erreicht. Die offiziellen, von der Stadt registrierten Werte, lassen sich in diesem Zusammenhang jederzeit und transparent für den Bürger, auf dem Geoportal der Stadt Wuppertal nachlesen (http://geoportal.wuppertal.de/). In diesem Sinne ändert sich also nur was der Anwohner hört, nicht aber die Lautstärke des Schalles insgesamt.

Über die regulatorischen Vorgaben hinaus, sehen wir in unserem Handeln aber auch noch einen gesellschaftlichen Auftrag und Ansatz: Utopiastadt ist ein Ort der Begegnung, des gesellschaftlichen Diskurses, aber auch ein Raum, den Menschen mit ihren Leidenschaften und Bedürfnissen gestalten sollen und dürfen. Kultur gehört da ebenso dazu. Hier ist Musik - wie immer im gesellschaftlichen Kontext - eine Frage des Geschmacks.

Da wir versuchen mit unserem Programm einen kulturellen und gesellschaftlichen Querschnitt abzubilden, genauso wie wir es in allen Teilprojekten der Utopiastadt tun, wird es immer so sein, dass wir nicht mit jeder einzelnen Aktion den Geschmack eines jeden treffen. Und ja: Uns ist wichtig, dass sich Menschen begegnen. Und eben auch, dass sie dies im Tanz, im Feiern, im Austausch von körperlicher Dynamik tun. Und wenn es geht auch unter freiem Himmel. Auch dazu benötigt es Räume.

Von diesen hat unsere schöne Stadt leider immer noch zu wenig. Noch mehr: Sie werden zunehmend durch Bebauung oder manchmal auch durch ein Brachliegen beschränkt. Wir sind davon überzeugt, dass solche Veranstaltungen die Stadt und besonders das Quartier beleben und bereichern. Gerade in Zeiten, in denen die Herausforderung, heterogene Gesellschaftsbestandteile zusammenzuführen und sie sich kennen lernen zu lassen, nie größer waren als jetzt!

Da auch eine Stadt und ihre Verwaltung in diesem Sinne eine kultur- und gesellschaftspolitische Aufgabe hat, besteht genau diese Möglichkeit zur Genehmigung von Veranstaltungen im Sinne einer Ausnahmegenehmigung zu besonderer Lautstärke innerhalb städtischer Gebiete. Die Gesamtzahl der genehmigungsfähigen Veranstaltungen in einer Stadt, ist deshalb erst in diesem Jahr durch den ,Freizeitlärmerlass' von Minister Johannes Remmel, sogar noch einmal erhöht worden. Nämlich von 10 auf 18 Veranstaltungen im Jahr. Info dazu hier.

Wir versuchen, um dem ebenfalls berechtigten Erholungsbedarf unserer Quartiersbewohner entgegenzukommen, schon vieles. Deshalb gestalten wir unsere Veranstaltungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten moderat. Wir legen solche Veranstaltungen zum Beispiel auch bewusst auf Samstage, statt auf Sonntage. (Zum Vergleich: In Köln finden ähnliche Veranstaltungen mit bis zu 10.000 Menschen auch am Wochenende in innenstädtisch liegenden Parks bis zu drei Tage statt.) Zusätzlich informieren wir mit langem Vorlauf per Flugblatt das Quartier und eröffnen Kontaktmöglichkeiten. Nicht zuletzt, laden wir jeden ein mit uns zu feiern und uns, die Nachbarn und das Projekt kennen zu lernen. Genau aus diesem Grund verzichten wir auf Eintritt und Zugangskontrollen, versuchen alle Veranstaltungen auch physisch niederschwellig zu halten.

Aus unserer Sicht verzichtet jemand, der die Möglichkeit zu diesen gesellschaftlichen Zusammenkünften an den betreffenden, wenigen Terminen im Jahr nicht wahrnimmt, auf die Möglichkeit zur Teilhabe und Gestaltung unserer Stadt. Deshalb begreifen wir diese Beschwerde erneut als Chance, eben dazu aufzurufen.

Wir bauen eine Stadt! Wir bauen Utopiastadt!

Johannes Schmidt und Matthias Müller in Stellvertretung für die Utopisten."