Urteil im Paschalis-Prozess Üble Nachrede in zwei Fällen
Wuppertal · Der seit 17 Verhandlungstagen laufende Amtsgerichtsprozess gegen Wuppertals Ex-Rechtsdezernent Panagiotis Paschalis endete am Donnerstag. Der im Sommer 2017 abgewählte Jurist wurde wegen übler Nachrede in zwei Fällen verurteilt.
Paschalis muss eine Gesamtstrafe von 100 Tagessätzen à 150 Euro, also 15.000 Euro, bezahlen – und trägt die Kosten des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Gesamtstrafe von beinahe 40.000 Euro gefordert.
Die ursprüngliche Summe des Strafbefehls, den Panagiotis Paschalis nicht bezahlen wollte, so dass es zum nun abgeschlossenen Prozess kam, hatte 4.000 Euro betragen. Dieser Strafbefehl stammte aus dem Sommer vergangenen Jahres. Er richtete sich – im Zusammenhang mit dem umstrittenen Themenkomplex ASS – unter anderem gegen folgende Aussage Paschalis’ in einem Gespräch mit der Wuppertaler Rundschau vom 15. Dezember 2018: „Ich gehe von einer Unrechtsvereinbarung der Stadtspitze und des Rechnungsprüfungsamtes aus, mit dem Ziel der rechtswidrigen Niederschlagung der Angelegenheit ASS und der Verhinderung von berechtigtem Regress gegen Beteiligte zum Schaden der Stadt.“
Außerdem stand eine umfangreiche Strafanzeige, die Panagiotis Paschalis gegen zahlreiche Mitglieder der Stadtspitze, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie bekannte Personen aus Politik und Wirtschaft gestellt hatte, im Mittelpunkt des Strafbefehls. Amtsrichterin Bittner charakterisierte die Formulierungen, die Panagiotis Paschalis gewählt hatte, als „erweislich unwahr und verächtlich machend“. Die Grenze zur Meinungsfreiheit, auf die Paschalis’ Verteidiger Professor Endrik Wilhelm intensiv hingewiesen hatte, sei hier „deutlich überschritten“, so die Richterin. Und Paschalis als Jurist habe das auch wissen müssen. Richterin Bittner: „Der Angeklagte hat eine Tatsache behauptet. Eine reine Wertung ist hier am Horizont nicht der Fall.“
Die Richterin argumentierte so: Wenn nur eine Person nicht an der behaupteten Unrechtsvereinbarung beteiligt gewesen sei, dürfe man nicht pauschal von einer Unrechtsvereinbarung sprechen. Diese eine Person ist, so das Gericht, Ex-Oberbürgermeister Andreas Mucke. Er, der mit dem seit 2004 laufenden ASS-Geschäft erst im Mai 2016 konfrontiert worden sei, habe von da an „bei dem sehr komplexen und rechtlich schwierig zu bewertenden Fall“ als Nichtjurist aufklären und nicht vertuschen wollen, sei vielmehr immer den Ratschlägen und Einschätzungen derer gefolgt, die aus seiner Sicht die jeweils gefragten Kompetenzen hatten. Von „einer kriminellen Absprache mit wem auch immer“, worum es ja bei einer Unrechtsvereinbarung gehe, könne im Fall von Andreas Mucke keine Rede sein. Mit Blick auf den Ex-OB zog Amtsrichterin Bittner dieses Fazit: „Von ihm gab es keine Einflussnahme auf irgendwen. Herr Mucke hat gerade das Gegenteil von dem getan, was Herr Paschalis behauptet.“ Die Richterin sprach von „einer falschen Wertung des Angeklagten“.
Sehr wohl allerdings könne man mit Blick auf die Wuppertaler Stadtverwaltung „zurecht von einem ASS-Skandal sprechen“: Gezahlt worden sei ohne Gegenleistung, das Geschäft sei zumindest seit dem 1. März 2007 rechtswidrig sowie grundsätzlich „haushaltsrechtlich ungewöhnlich und vergaberechtlich sehr problematisch“ gewesen.
„Es sind wirklich zahlreiche Fehler, die sich um ASS ranken“, so die Richterin am Donnerstag. Allerdings sei ASS nicht das Thema des nun beendeten Verfahrens gewesen. Panagiotis Paschalis, der sich wegen seiner Abwahl und deren Umständen „sicher persönlich betroffen und gemobbt gefühlt“ habe, hat nach Auffassung der Richterin „zwei Dinge durcheinandergebracht“ – sein „Scheitern als Beigeordneter“ und den ASS-Skandal. Wobei besagtes „Scheitern“ nichts mit ASS zu tun gehabt habe, sondern, so die Richterin zu Panagiotis Paschalis, „mit der Art und Weise Ihrer Kommunikation in der Stadtverwaltung“.
Nach ihrer Urteilsbegründung wandte sich Richterin Bittner persönlich an den früheren Wuppertaler Rechtsdezernenten: Er sei mit seinem Anliegen bisher bei der Regierungspräsidentin, der Staatsanwaltschaft, der Generalstaatsanwaltschaft und vor Gerichten gescheitert. „Wenn so viele Stellen schon gesagt haben, dass es nicht so ist, wie Sie glauben, denken Sie doch einmal darüber nach, ob Sie sich irren.“
Panagiotis Paschalis hatte in seinem Schlusswort nach den Plädoyers in der Rückschau auf das ASS-Thema gesagt: „Ich würde es jedesmal genauso machen, um Verwaltungen und demokratische Institutionen vor solchen Verfahren zu bewahren.“ Paschalis-Verteidiger Endrik Wilhelm, der in seinem Plädoyer vor allem einen durch das ASS-Geschäft für die Stadt entstandenen Schaden von 700.000 Euro, das haushaltsrechtliche Vorgehen sowie Kämmerer Johannes Slawig („Herr Slawig und die Kämmerei kontrollierten alles“) in den Blick genommen hatte, kündigte noch im Gerichtssaal den Gang zur nächsten Instanz an – dem Wuppertaler Landgericht.