Rundschau-Serie „Auf ein Bier“ Beim „Willi“ bleibt alles beim Alten
Wuppertal · Heute hat sich der Lokalreporter zu einem Frühschoppen aufgemacht. Diese einst so beliebte Form des Zeitvertreibs am Vormittag lässt sich inzwischen nur noch in ganz wenigen Gaststätten ausüben. Eine von ihnen ist an der Unteren Lichtenplatzer Straße 44 angesiedelt. Seit dem vorvorigen Jahrhundert.
Ausweislich der betagten Leuchtreklame befindet sich hier die „Gaststätte Herhaus“. Doch wer hier durch die alte Schwingtüre eintritt, der geht „zum Willi“. Mindestens im Wuppertaler Osten ist die Kneipe damit ausreichend beschrieben. Dabei ist „Willi“ kein bekanntes Barmer Original, vielmehr kommt er ursprünglich aus Griechenland. Streng genommen heißt er nicht mal Willi, sondern Gabriel. Gabriel Tsarkovistas. Aber schon seine Mutter rief ihren Jungen nach dem urdeutschen Namen, unter dem ihn alle Welt kennt.
Mit 16 kam er als Gastarbeiter nach Wuppertal, kellnerte nebenbei hier und dort – und entschloss sich mit dieser Grundausbildung, einer aufopferungsvollen Frau und ein wenig Mut 1988 die alteingesessene Gaststätte zu übernehmen.
Seit über 30 Jahren haben er und seine zahlreichen Gäste diese Entscheidung nicht bereut. „Wir sind extra näher hierhin gezogen“, beteuert eine der Damen lachend am gut besetzten Stammtisch. Zwei, drei gesellige Abende pro Woche, ein Schwätzchen hier, eins da – das alte Kneipenkonzept funktioniert noch wie zu den Zeiten, als der alte Brauherr Bremme hier regelmäßig einkehrte.
Auch was das Mobiliar angeht setzt man auf Bewährtes. „Aber sollte man hier renovieren?“ fragt Willi den Lokalreporter skeptisch. Um Gottes Willen, nein: Es ist auch das fast museal anmutende Ambiente, das Männer und Frauen gleichermaßen mit auf diese Zeitreise nimmt. Und der Geräuschpegel am Abend, wenn der Laden voll ist, macht deutlich, dass müder Fernsehkonsum oder wortloses Handy-Chatten nicht für jeden das höchste Glück auf Erden sind.
Zugegeben, Willi hat schon einmal überschlagen, dass an die 300 Stammgäste im Lauf der Jahre das Zeitliche gesegnet haben. Doch „neue Alte“ wachsen nach, viele Vereine und Stammtisch- oder Knobelrunden halten an „ihrem“ vertrauten Treffpunkt fest. Dazu kommt ein phänomenaler Mix aus sehr gut, normal und weniger betuchten Menschen, die die familiäre Atmosphäre schätzen und sich auf das wachsame Auge der Wirtsleute verlassen können, die kein leeres Glas übersehen.
Selbst trinkt Willi seit jeher kein Bier – „Ich würde sofort umkippen, wenn ich damit jetzt anfinge...“ – auch sonst ist der Anteil alkoholfreier Getränke gestiegen. Doch immer noch sind die Zapfhähne mit Krombacher, Bitburger und Frankenheim an den Abenden im Dauereinsatz.
Am Mittwoch wird Willi 68 Jahre alt. Wie lange wollen er und seine Frau Eftalitsa noch weitermachen? Ein Achselzucken, ein Lächeln: „Schwer zu sagen.“ Solange der liebe Gott will und die Gesundheit mitspielt, denken beide jedenfalls nicht ans Aufhören: „Es ist schwer sich zu trennen. Die Gäste sind uns richtig ans Herz gewachsen.“ Umgekehrt ist es genauso, kommt prompt die Ansage meines gerade zahlenden Tresen-Nachbarn. Und weil das so ist, bleibt am besten alles beim Alten...