Prozess vor dem Wuppertaler Landgericht Polizistin mit Schlagstock attackiert
Wuppertal · Versuchter Totschlag an einer Polizistin wird einem 32-Jährigen aus der Elberfelder Nordstadt vorgeworfen. Im Prozess gab der Angeklagte jetzt zu, seinem Opfer den Dienst-Schlagstock weggenommen und damit zugeschlagen zu haben.
Bohrende Fragen hat das Landgericht indes zum Verhalten des zweiten Polizisten vor Ort: Er hat wohl mit Schüssen gedroht, sich ansonsten aber zurückgehalten.
Ausgelöst hatte das Geschehen ein telefonischer Notruf am Vormittag des 15. Januar: Ein Verdächtiger habe sich an einem Auto an der Neuen Friedrichstraße zu schaffen gemacht. Die Beamten wussten wohl schon anhand der Personenbeschreibung, wen sie vor Ort antreffen würden. Der aus der Drogenszene stammende 32-Jährige war als aggressiv bekannt.
Tatsächlich soll er, statt zu fliehen, auf den Streifenwagen zugegangen sein. Die Polizisten riefen sofort Verstärkung, bei der unmittelbar folgenden Auseinandersetzung rutschte das spätere Opfer aber auf dem eisglatten Gehsteig aus und verlor den Schlagstock.
Der zweite Polizist könnte dabei einige Meter entfernt hinter dem Angreifer gestanden haben. Der Beamte gab später zu Protokoll: Der Angreifer habe mit dem Stock beidhändig auf den ungeschützten Hinterkopf seiner Kollegin geschlagen — "wie mit der Axt". Er selbst habe mit immer neuen Worten zu schießen gedroht.
Nach dem fünften Schlag habe er sich entschlossen, den Angreifer zu erschießen. Doch da ließ der Angeklagte von seinem Opfer ab. Er wurde wenig später von der eintreffenden Verstärkung festgenommen. Die Polizistin wurde in einem Krankenhaus behandelt. Mit bleibenden Schäden muss sie nicht rechnen.
Der Prozess wird intensiv vom Polizei-Personalrat beobachtet. Schlagstöcke können eine verheerende Wirkung erzielen, stellte der Vorsitzende Richter Robert Bertling fest: "Schon ein einziger Schlag damit kann ein Leben beenden."
Für Urteil und Strafe ist entscheidend, ob der 32-Jährige seine Attacke freiwillig abgebrochen hat. Bertling: "Wenn der zweite Polizist nur geredet, aber nichts getan hat — warum hat der Angeklagte dann aufgehört?" Zudem hätte es für den zweiten Polizisten noch viele andere Möglichkeiten gegeben, einzugreifen. Etwa mit einem Warnschuss. Oder indem man den Attackierenden umrennt. Die Polizistin erklärte dazu im Zeugenstand: "Das ging alles schnell. Mein Kollege hat den Schusswaffengebrauch angedroht. Er hat mir das Leben gerettet."
Der Prozess dauert noch bis in den September. Nächster Termin ist am Donnerstag (23. Juni 2016), 9.20 Uhr, im Justizzentrum am Eiland, Saal J09SG.