Bergische Uni Wuppertal Von der Liebe zu alten Sprachen und modernem Denken
Wuppertal · Die Bergische Universität Wuppertal wird von Dienstag bis Samstag (2. bis 6. April 2024) im Rahmen des Bundeskongresses des Deutschen Altphilologenverbandes unter dem Motto „Bildung, Entwicklung, Nachhaltigkeit – Latein und Griechisch“ zum bundesweiten Treffpunkt rund 600 Lehrinnen und Lehrer sowie Studentinnen und Studienten.
Auf die Frage, warum die Beschäftigung damit spannender ist als auf den ersten Blick erkennbar, sollen die drei öffentlichen, kostenfreien Veranstaltungen im Tagungsprogramm eine überraschende Antwort gebeb: Beide Sprachen sind Multifunktionswerkzeuge, um nicht nur unsere Sprache, sondern auch unser aktuelles Denken und Handeln zu verstehen.
„Mit rund 6.000 Mitgliedern ist der Deutsche Altphilologenverband der größte Fachverband für die Alten Sprachen in Europa“, erläutert Prof. Dr. Stefan Freund, klassischer Altphilologe und Organisator des bevorstehenden fünftägigen Events an der Bergischen Universität (Tagungsprogramm). Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer und auch Interessierte aus dem Bergischen erwartet ein besonderer Tagungsauftakt: Am 2. April um 18 Uhr erhält der Jesuit, Gymnasiallehrer, Buchautor und Redakteur Klaus Mertes im Hörsaal 33 der Bergischen Universität den „13. Humanismuspreis“ dafür, dass er 2010 den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche öffentlich machte.
Nicht minder bekannt ist die Laudatorin und unter anderem mehrfach ausgezeichnete Autorin Nora Bossong. „Das Zeichen, das wir mit diesem Preis und seinem Träger setzen, fügt sich perfekt in unser Verständnis der klassischen Texte und unseren modernen Fragen an sie an“, so Freund. So bezeichne der Begriff Humanitas im Lateinischen das, was den Menschen in seiner Würde und Besonderheit ausmache: seine Fähigkeit zur Bildung, aber damit verbunden auch zur Mitmenschlichkeit – eben zur Humanität.
Können alte Texte Aufschluss geben zu aktuellen Fragen?
„Das griechische Wort ,Philologie‘ bezeichnet die Liebe zu Wörtern und Gedanken“, beschreibt Freund die gemeinsame Passion. Und diese gilt vor allem für die beiden Sprachen und ihre Schriften. „Wir haben es mit Texten zu tun, die zur Zeit ihrer Entstehung aktuell, relevant und oftmals politisch waren – seitdem sucht sich jede Zeit daraus etwas Anderes aus“, so Freund. So gingen auch viele unserer heutigen Vorstellungen und Denkmuster auf die Antike zurück, erläutert der Experte, „wie etwa unsere Sehnsucht nach einem einfachen, früheren Leben bis hin zum Konzept des ‚gerechten‘ Krieges“.
Auch die antike Rhetorik ist aktuell wie nie: Sie lehrt, wie man Menschen bewegt, beeinflusst und überzeugt. Wie aber funktionieren Manipulation, Machtlegitimation und Populismus heute? Wie diskutiert und gestaltet und reflektiert man Transformationen? Wie nehmen Menschen in unterschiedlichen Kulturen ihre natürlichen Lebensgrundlagen und ihren Umgang damit war?
Diesen Fragen geht eine Podiumsdiskussion am 4. April um 19:30 Uhr unter dem Titel „Antike for future – oder: Wie denken wir Transformation zur Nachhaltigkeit“ in der Wuppertaler City-Kirche Elberfeld (Kirchplatz 2) nach. Zu Gast: Helge Lindh (MdB), Klara Oehler (Lateinstudentin), Prof. Dr. Smail Rapic (Praktische Philosophie und Philosophie der Neuzeit an der Bergischen Universität), Verena Schäffer (MdL, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag NRW), der frühere Wuppertaler Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig und Dr. Gabriel Zuchtriegel (Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji). Es moderieren Dr. Anne Friedrich und Dr. Dr. Christopher Schliephake, Klassische Philologie und Alte Geschichte.
Neue Erkenntnisse in Pompeii und alte Einsichten ins Bergische
Und schließlich kommen Geschichtsfans auch bei der öffentlichen Abschlussveranstaltung der Tagung noch einmal ganz auf ihre Kosten: Am 5. April um 13 Uhr berichtet Dr. Gabriel Zuchtriegel als Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji im Hörsaal 33 „Vom Zauber des Untergangs“.
Anlässlich der Altphilologentagung 2024 haben sich die Klassischen Philologen an der Bergischen Universität etwas Besonderes ausgedacht: Hier sammeln sie seit einigen Jahren lateinische Schriften aus dem Bergischen Land: etwa Herleitungen des Ortsnamens Elberfeld von 1679, ein Geburtstagsgedicht auf den preußischen König, über die Befreiungskriege gegen Napoleon und vieles mehr. Das nun erscheinende kleine Werk mit lateinischen Texten und ihrer deutschen Übersetzung enthält Zeugnisse einer Zeit, in der ganz Europa konfliktreich um neue Formen staatlichen Zusammenlebens rang.
Und es macht deutlich: „Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert prägen die lateinische Sprache und antike Texte jede höhere Schulbildung, das Weltverstehen und die Lebenswirklichkeit der Menschen“, so Freund.