EU-Projekt: Pilotkommune für ganz Deutschland Bürgerhaushalt: Wie kann er klappen?
Wuppertal · Drei Bürgerhaushalte gab's schon in Wuppertal. Auf besonderes Interesse sind sie nicht gestoßen. Jetzt ist ein EU-Projekt gestartet, dass die Bürgerbeteiligung zur Haushaltsplanung auf neue Füße stellen soll.
Wuppertal ist dabei Deutschlands Pilotkommune.
Beim ersten Planungsworkshop, der am 22. September 2016 im Rathaus einen ganzen Abend von 18 bis bis 21 Uhr über die Bühne ging, wurden viele (Problem-)Facetten deutlich: Wie kann sichergestellt werden, dass die, die sich beteiligen wollen, es auch können? Wer ist überhaupt in der Lage, den mehrere 100 Seiten dicken Haushaltsplan in all seinen Dimensionen zu verstehen? Wie kann Bürgerbeteiligung gelingen, wenn sehr viele Haushaltsdetails durch Gesetze und Vorschriften schon längst fremdbestimmt und gar nicht mehr verhandelbar sind? Wie begegnet man der "Entmutigungsgefahr"?
Fragen, die im Rahmen des EU-Projektes auch in mehreren anderen europäischen Kommunen gestellt werden — etwa in Tschechien oder Portugal. Fragen, die alle beschäftigen, die sich am Haushalt beteiligen wollen. Schon sehr schnell wurde klar: Eine reine Spielwiese (und schon gar etwas für den Papierkorb) darf das Ganze nicht sein und nicht werden. Der Rückblick auf die drei bisherigen Bürgerhaushalte brachte in diesem Zusammenhang manch zerknirschtes Fazit — trotz einer positiven Phase 2014/2015.
Das (deutsche oder Wuppertaler) Problem: Bürgerhaushalte haben nie (oder sehr selten) ein eigenes Budget. Anderswo läuft das anders. Auf bestimmte Projekte oder bestimmte Stadtteile zugeschnittene Budgets könnten die Lösung sein. Bürger könnten mit dem Geld planen, dann mit der Politik zusammenarbeiten — und für sich in der Nähe ihrer Haustür etwas bewirken.
Dieter Hofmann, Initiator und Koordinator des "Kompetenznetzes Bürgerhaushalt", berichtete beim Workshop von einer "Marktplatz-"Aktion der Stadt Hilden: "Da wird zum Beispiel gezeigt, das ist der Sportplatz, das kostet er, in dieser und jener Abhängigkeit steht er zu anderen Haushaltspositionen", so Hofmann. Die Richtung: Über konkrete Projekte und Themen können Bürger ihren persönlichen Zugang zum Thema Stadthaushalt finden. So wird Überforderung vermieden — und es sind nicht nur "Profi-Bürger" im Boot. Nötig dabei: Info-Veranstaltungen mit möglichst wenig "Fachchinesisch" und umfassenden Hintergründen, um Wissensdurst zu stillen und Möglichkeiten echten Handelns aufzuzeigen. Motto: Es muss etwas zu entscheiden und etwas verteilen geben, sonst macht Haushaltsbürgerbeteiligung keinen Sinn.
Außerdem ganz wichtig: Wenn die Beteiligung über eine Online-Plattform läuft, muss sichergestellt werden, dass es schnelle und konkrete Rückmeldungen gibt. Denn nichts ist frustrierender, als wenn Ideen, Fragen und Anregungen im "Online-Nirwana" versickern.
In dem EU-Projekt, das für Wuppertal kostenneutral ist und über ein Fach-Institut abgewickelt wird, werden weitere Workshops folgen. Schon jetzt lässt sich aus den Diskussionsbeiträgen herauslesen: Wenn der Bürgerhaushalt Konkretes zu bieten hat, kann er ein wichtiges Instrument in der neuen, gerade entstehenden Wuppertaler Bürgerbeteiligungslandschaft werden. Wenn nicht, bleibt er abstrakt — und damit unattraktiv.