Vergleich mit Umwelthilfe (DUH) Auch die Parkgebühren steigen in Wuppertal
Wuppertal / Berlin · Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wertet den mit Blick auf die Schadstoffbelastung geschlossenen Vergleich mit Land Nordrhein-Westfalen (NRW) und der Stadt Wuppertal als Erfolg. Damit ende „eine mehr als zehnjährige Grenzwertüberschreitung“. Vereinbart wurde, den Grenzwert für den Stickstoffdioxid-Ausstoß (NO2) von 40 µg/m3 im Jahresmittel noch in diesem Jahr einzuhalten.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch: „Heute ist ein guter Tag für die Saubere Luft in Wuppertal. Wie wichtig saubere Luft ist, zeigt sich gerade jetzt. Denn erste Studien geben Hinweise, dass Covid-19 besonders dort schlimm wütet, wo die NO2-Belastung hoch ist. Wir freuen uns, auch für die elfte Stadt in Nordrhein-Westfalen nun ein detailliertes Maßnahmenpaket für eine echte Verkehrswende mit deutlich weniger Autos, dafür mehr Bus, Bahn und Fahrrad vereinbart zu haben. Umweltministerin Ursula Heinen-Esser und der Wuppertaler Oberbürgermeister Andreas Mucke haben in den über dreimonatigen Verhandlungen konstruktiv am Zustandekommen einer ‚Blaupause‘ für ein sauberes Wuppertal mitgewirkt.“
Bisher sei der Jahresmittelgrenzwert für NO2 auf nahezu allen Steigungsstrecken von der Wuppertaler Talachse zur Bundesautobahn A 46 überschritten worden. „Da alle parallelen Straßenzüge gleichermaßen von schlechter Luft betroffen sind, muss die Gesamtverkehrsmenge deutlich reduziert werden. Die Umleitung des Verkehrs auf Parallelstraßen ist keine Option. Die dem Vergleich zugrundeliegenden Modellierungen des Landesamts für Umwelt NRW halten eine Reduktion der Verkehrsmenge um bis zu 25 Prozent für erforderlich, um den Grenzwert einzuhalten“, heißt es.
Fünf Straßenzüge sind besonders in den Blick genommen worden: Steinweg / Carnaper Straße, Briller Straße, Gathe, Westkotter Straße und Haeselerstraße. „Auf allen Straßenzügen wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 40 km/h reduziert und die Koordinierung der Ampelanlagen entsprechend angepasst. Die Ampelschaltungen werden so vorgenommen, dass die Verkehrsmenge in dem für die Grenzwerteinhaltung nötigen Umfang reduziert wird. Nach Prognosen des Landesamts für Umwelt kann dies bis zu 25 Prozent der Vor-Corona-Verkehrsmenge betragen“, so die DUH. Für einen Bereich der Briller Straße wird die zulässige Höchstgeschwindigkeit sogar auf 30 km/h reduziert. Eine Erweiterung des Blitzer-Netzes stelle die Einhaltung des Tempolimits sicher: „Auf den besonders stark betroffenen Straßen Steinweg/Carnaper Straße und Briller Straße wird darüber hinaus ein ganztägiges Durchfahrtverbot für Lkw mit einer Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen eingerichtet.“
Darüber hinaus erhält der richterliche Vergleich laut DUH eine Erhöhung der Parkgebühren um 50 Prozent bzw. 33 Prozent, die mit einer Ausweitung der Zeiten für kostenpflichtiges Parken im Innenstadtbereich einhergeht, allerdings bereits im Dezember 2019 vom schwarz-grünen Kernbündnis beschlossen worden war und nun Bestandteil der Vereinbarung ist: „Dadurch soll die Verkehrsmittelwahl beeinflusst werden. Die noch vorhandenen kostenlosen Parkplätze in den Innenstadtbereichen werden künftig kostenpflichtig und auch die Parkbereiche im Umfeld der Universität und des Helios-Klinikums sollen zukünftig bewirtschaftet werden. Zahlreiche Maßnahmen zur Schaffung von neuen Radwegen und Radabstellplätzen führen zum Wegfall von Parkplätzen.“
Neben kurzfristig zu realisierenden Verbesserungen der Radverkehrsinfrastruktur wollen sich die DUH, das Umweltministerium NRW und die Stadt Wuppertal für eine Öffnung des Langerfeldtunnels für den Radverkehr ein. Das Umweltministerium hat sich zudem im Vergleich dazu verpflichtet, sich gegenüber dem NRW-Verkehrsministerium für eine finanzielle Förderung dieser Maßnahme zu verwenden. Die NRW-Landesregierung muss nun den Luftreinhalteplan für die Stadt Wuppertal um ein umfassendes Maßnahmenpaket ergänzen. Hierzu gehört die Nachrüstung auf die Abgasnorm Euro 6/VI für alle ÖPNV-Busse und Kommunalfahrzeuge, für die eine Nachrüstung wirtschaftlich und technisch möglich ist. Zudem hat sich das Land verpflichtet, Diesel-Landesfahrzeuge durch Hardware-Updates technisch nachzurüsten.
Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt: „Für November 2020 und Juli 2021 sind Kontrollen der Wirksamkeit vereinbart. Für den Fall, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht reichen, wird eine Verschärfung der Maßnahmen angeordnet.“ An 32 Messpunkten wird die NO2-Belastung ermittelt. Sollte die DUH Hinweise bzw. Erkenntnisse haben, dass an anderer Stelle die Grenzwerte überschritten werden, ist das Land verpflichtet, diesen von der DUH gemeldeten Verdachtsfällen nachzugehen und gegebenenfalls weitere Messungen zu veranlassen. „Zur Validierung der Maßnahmen, insbesondere auch der Verkehrsmengenreduzierung, wurden zwei Kontrollzeitpunkte vereinbart. Im November 2020 und im Juli 2021 soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüft und gegebenenfalls nachgesteuert werden. Sollte trotz Anpassung der vereinbarten Maßnahmen immer noch eine Überschreitung bleiben, gibt es ein Schiedsverfahren, in dem kurzfristig wirksame, harte Maßnahmen wie höhere Verkehrsmengenreduzierungen oder ein Dieselfahrverbot zusätzlich beschlossen werden können. Ein derartiger Schiedsspruch ist nicht mehr anfechtbar“, so die DUH.
Alle Maßnahmen werden in einen neuen Luftreinhalteplan der Stadt Wuppertal aufgenommen und erhalten somit Rechtsgültigkeit. Der Luftreinhalteplan muss neben dem Maßnahmenpaket entsprechende Prognosen enthalten.