Stadtteilservice Nordstadt „Häufig sind wir der einzige Kontakt zur Außenwelt“

Wuppertal · Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Stadtteilservices Nordstadt wenden sich in einem offenen Brief an den Rat der Stadt Wuppertal und an die Bürgerinnen und Bürger. Hintergrund sind die Kürzungspläne der Bundesregierung. Der Wortlaut.

Die Tafel stellte aus Protest mehrere Tage ihre Arbeit ein – bis auf eine mobile Versorgung vor dem Rathaus.

Die Tafel stellte aus Protest mehrere Tage ihre Arbeit ein – bis auf eine mobile Versorgung vor dem Rathaus.

Foto: Christoph Petersen

„Der Bundeshaushaltsentwurf 2025 sieht für das Jobcenter Wuppertal Kürzungen in Höhe von 15 bis 16 Millionen Euro vor. Dies hat zur Folge, dass ab April 2025 sämtliche 600 Eingliederungsmaßnahmen gestrichen werden. Davon betroffen sind Einrichtungen wie die Tafel, Proviel, GESA, die Stadteilservices und andere. Dieser soziale Kahlschlag wird erhebliche Auswirkungen für die Menschen dieser Stadt haben.

Die 18 Teilnehmer des Stadtteilservice Nordstadt betreuen 97 Kunden. Hierbei handelt es sich vorwiegend um alte, hilfsbedürftige, oft einsame Menschen. Wir erledigen für diese Menschen Einkäufe, begleiten sie zum Arzt, schenken ihnen Zeit. Sehr häufig sind wir der einzige Kontakt zur Außenwelt, der ihnen geblieben ist.

Darüber hinaus leistet der Stadtteilservice tägliche Begehungen im Quartier mit Ansprechmöglichkeit für die Bewohner, verteilt Tafeltaschen, hat ein besonderes Augenmerk auf Spielplätze mit Kontrolle der Spielgeräte, verteilt Broschüren, Flyer und Ähnliches, unterstützt die Veranstalter des Ölbergfestes und vieles mehr.

Bei den Teilnehmern des Stadtteilservice handelt es sich um Langzeitarbeitslose, junge Erwachsene in schwierigen Lebenssituationen und Geflüchtete. Die Maßnahme gibt uns Struktur, einen Lebenssinn, ist gelebte Integration und wird darüber hinaus mit zwei Euro pro Stunde entschädigt.

Die Einführung der Maßnahme war und ist für alle Beteiligten eine rundum gelungene Sache. Die ersatzlose Streichung der Maßnahme wird weitreichende und fatale Folgen nicht nur für die Kunden und Teilnehmer haben. Die Kundenbetreuung wird auf die schon jetzt überlasteten privaten Pflegedienste abgewälzt werden, was auch weitere Belastungen der Krankenkassen mit sich bringen wird.

Die Streichung der Stellen wird sich unmittelbar auch auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken. Eine soziale Teilhabe wird nicht mehr möglich sein. Die zusätzliche Tagesfreizeit wird zu noch mehr Menschen auf den bekannten Plätzen führen, gerne mit einer Flasche Bier in der Hand.

Wir werden diese unsozialen Kürzungspläne nicht hinnehmen. Die Tafel hat in der vergangenen Woche als Reaktion darauf ihre Tätigkeit eingestellt, der Stadtteilservice Nordstadt unterstützt dies ausdrücklich und tritt ebenfalls in den Streik. Weitere Maßnahmenträger werden ebenfalls reagieren.

Es ist Zeit sich zu wehren! Gegen eine unsoziale Politik! Gegen ein unsoziales Wuppertal!

Die Teilnehmer des Stadtteilservice Nordstadt