Fundamentalistisch

Betr.: Seilbahnpläne und Bürgerwerkstatt

Während meines Verkehrsingenieur-Studiums habe ich jahrelang ohne Auto im Umfeld der beiden geplanten Seilbahn-Stationen gewohnt. Ich kann mir daher gut vorstellen, wie mein Alltag dort mit Seilbahn wäre: Es geht auch ohne, aber ich würde sie gern vorteilhaft nutzen. Besonders, wenn die für mich ideale Kombination Fahrrad + Bahn innovativ gelöst würde.

Ich erwarte allerdings, dass in den Südstadt-Vierteln, die keinen Bezug zu den Seilbahnstationen haben, der Busverkehr — dem Fahrgastaufkommen entsprechend — nicht unter den guten Wuppertaler Standard reduziert wird.

Der Kommentar von Henrik Walder trifft ziemlich genau meine Auffassung zu dem Projekt. Unfair finde ich den darauf folgenden rhetorischen Feldzug aus dem Lager der Seilbahn-Gegner. Sie ignorieren die Berücksichtigung ihrer eigenen Argumente — nicht nur in der Wuppertaler Rundschau insgesamt, sondern speziell auch in diesem Kommentar, und entlarven damit ihre fundamentalistische Einstellung.

Dazu gehört auch, die große Mehrheit der Teilnehmer am Bürgergutachten zu diffamieren: Sie wären ja nicht selbst betroffen und könnten sich in die Belange der Anlieger unter dem Seil nicht hineinversetzen. Sie würden sich in dem Verfahren steuern lassen von angeblichen Interessenvertretern pro Seilbahn. Sie würden die finanziellen Risiken nicht ausreichend bewerten.

Wie stehen diese Seilbahn-Gegner eigentlich zu anderen umstrittenen Vorhaben wie "Autobahn Parkstraße", Ausbau und Lärmschutz A46, Ikea, Asphalt-Mischwerke, neue Wohnbebauungen auf Grünflächen, Forensik, bei denen übergeordnete Belange pro und contra und Anliegerinteressen abzuwägen sind?

Jedenfalls habe ich mehr Respekt vor dem Ergebnis eines Bürgergutachtens nach umfangreicher Einarbeitung als vor dem Ergebnis von Umfragen "auf der Straße" oder "im Bekanntenkreis".

Dirk Anders, Willi-Hildebrandt-Weg

(Rundschau Verlagsgesellschaft)