Neue Produktion des Taltontheaters Der Weihnachtswahnsinn mit Perücken
Wuppertal · Mit einer „satirischen“ Revue nimmt sich das Taltontheater die Festtage und ihre (kommerziellen) Auswüchse vor. Bei „Oh Tannengrau’n! Das Musical“ zeigt das freie Theater seine musikalische Seite.
Vor vier Jahren gab es den ersten Teil des Stücks, das das Ensemble selbst geschrieben hat. Jetzt hatte die neue und erweiterte Fassung Premiere. Immer noch geht es darum, den Weihnachtswahnsinn zu beleuchten, der vor allem im Einzelhandel grassiert.
Schwülstige Popsongs à la „Last Christmas“, grauenhafte Volks-Weihnachtslieder, X-Mas-Verkaufsstrategien und die Ausbeutung des Personals sollen aufs Korn genommen werden. Natürlich darf das Krippenspiel als Plattform zur Selbstdarstellung nicht fehlen. Kurzum, Regisseur Jens Kalkhorst und seine Truppe rechnen ab – aber „mit einem Augenzwinkern“.
Die 17 Darsteller, darunter vier Kinder, singen und tanzen, wie es sich für ein Musical gehört. Viele Lieder werden englisch gesungen – und es empfiehlt sich außerdem, vor der Vorstellung das Programmheft zu lesen, um den Wortwitz der Namen besser zu verstehen. So gibt es Maria Zimmermann (Polly Olszac), die in einem Discountmarkt arbeitet, um ihrer Tochter Christiane Davids (Vanessa Ambrosius) das Internat bezahlen zu können. Der Mann und Vater, Josef (Maurice Kaeber), hat keinen Kontakt zu ihnen. Er jobbt in einem Spielzeuggeschäft und wird vom Chef namens Herr Odes (David Meister) schikaniert.
Das Bühnenbild (die Geschäfte und später ein Stall mit Krippe) ist ein echter Hingucker – ebenso die witzigen Kostüme und schrecklichen Perücken (Maske: Sandra Kremer). Eine der besten Szenen ist die, als Herr Odes Josef zwingt, als Rudolph das rotnasige Rentier durch den Laden zu galoppieren. Die Grimassen, die David Meister im Stück und gerade an dieser Stelle schneidet, sind köstlich. Außerdem tanzt und singt er überzeugend.
Ralf Poniewas, der als Herr Augustus und Herr Berge zu sehen ist, hat die Lacher ebenfalls auf seiner Seite. Auch die anderen Ensemblemitglieder können ihre Talente einbringen. Allerdings leidet das Satirische doch ziemlich, wenn Polly Olszac tonsicher und ausdrucksstark amerikanische Weihnachtslieder singt. Das klingt zu ernst gemeint. An anderen Stellen wird dem vorgebeugt, indem alberne Tanzeinlagen oder verbale Einwürfe aufkommende Nostalgie unterbinden. Auch der glückliche Schluss nach dem Krippenspiel wird durch fetzige Tanz- und Gesangseinlagen entromantisiert.
Insgesamt vergehen die zweieinviertel Stunden (mit Pause) schnell, auch wenn das ein oder andere Lied gut und gerne hätte weggelassen werden können.