Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Einen schönen guten Abend auch von mir!

Wuppertal · In diesen Tagen muss man sich ja rund um die Uhr informieren, um auf dem Laufenden zu bleiben. Sonst weiß man nicht, ob man sich gerade nur mit einer Person aus zwei Haushalten privat im öffentlichen Raum treffen darf oder doch mit fünf Kindern unter 14 Jahren, bei denen die Eltern nicht mitzählen. Oder war es umgekehrt?

von Roderich Trapp

Foto: Max Höllwarth

Egal: Ich gucke jedenfalls immer besonders gerne die „heute“-Nachrichten um 19 Uhr im ZDF, weil man danach beim Abendessen so schön darüber diskutieren kann, ob wir nach der Sperrung der Brücke an der Kabelstraße wirklich noch einen weiteren Brückenlockdown bauchen und warum es in 16 Bundesländern ungefähr 32 verschiedene Corona-Regelwerke gibt.

Als regelmäßiger Zuschauer ist mir bei den 19-Uhr-Nachrichten aber etwas aufgefallen: Aus unerfindlichen Gründen steht neben Petra Gerster, Barbara Hahlweg oder Chrstian Sievers, die die Sendung moderieren, noch ein Sportkommentator, der insgesamt 15 Minuten darauf wartet, auf Kosten unserer Rundfunkgebühren zwei Kurzbeiträge mit zwei noch kürzeren Sätzen anzusagen. In der Regel handelt es sich dabei um einen Herrn namens Norbert Lehmann, der seine Haare mit Hilfe erheblicher Gel-Mengen in die Form einer Haifisch-Rückenflosse bringt und sich dadurch auszeichnet, dass er seit 2018 jeden Abend auf die stets originell wechselnde Begrüßungs-Anmoderation des Hauptakteurs, die in Norbert Lehmanns Vorstellung mündet, mit folgendem Satz antwortet: „Einen schönen guten Abend auch von mir!“ Und zwar ganz egal, was vorher gesagt wurde.

Manchmal habe ich deshalb ernsthaft die Befürchtung, in einer Zeitschleife festzustecken. Im ZDF grüßt nicht täglich das Murmeltier, sondern Norbert Lehmann. Wenn man einmal anfängt, darauf zu achten, wird man wahnsinnig. Jedes Mal hoffe ich darauf, dass er plötzlich ganz spontan „Ich wünsche auch einen schönen guten Abend!“ oder wenigstens „Auch von mir einen schönen guten Abend!“ sagt. Tut er aber nicht. Niemals!

Die Gründe dafür liegen im Dunkel. Immerhin sorgt der Trainingseffekt durch die permanente Wiederholung dafür, dass sich Norbert Lehmann bei „Einen schönen guten Abend auch von mir!“ nie verspricht. Dazu neigt er nämlich bei seinen zwei bis drei im Laufe der Sendung folgenden Sätzen durchaus drei- bis viermal.

Aber mir kommt gerade die Idee, dass vielleicht ja auch alles ganz anders und Norbert Lehman unsere letzte Rettung sein könnte. Denn in diesen so wechselhaften Zeiten sehnen wir uns ja nach etwas Unverrückbarem, Unerschütterlichem, auf das man sich bombenfest verlassen kann. Wo uns die ganze Welt zu wanken scheint, steht „Einen schönen guten Abend auch von mir!“ als Fels in der medialen Brandung und spendet uns verlässlich Trost auch an Tagen, deren Abend garantiert nicht schön wird. Also im Moment an praktisch allen.

Deshalb ist es natürlich sehr schade, dass Norbert Lehmann die ganze letzte Woche im Studio war und ich daher vermuten muss, dass die nächsten Tage jemand anderer den „heute“-Sport um 19 Uhr übernimmt. Aber da kann ich aushelfen: Einen schönen guten Abend auch von mir!

Bis die Tage!