Kommentar zur Diskussion um Leih-E-Scooter Still in die Zukunft gleiten

Wuppertal · Die Resonanz zum Thema E-Scooter ebbt nicht ab, seit der zweite Anbieter an den Start gegangen ist – und auch ich habe in den vergangenen Wochen viel nachgedacht. Aber nein, nicht, weil die Dinger angeblich so rücksichtslos geparkt werden. Sondern weil es so viele Themen gibt, die so viel mehr aufregen sollten.

E-Scooter in Elberfeld.

Foto: Achim Otto

Nichtsdestotrotz möchte ich nicht mit Totschlagargumenten ins Rennen ziehen, sondern meine neue These darstellen: Erstens denke ich, dass die Haltung zu den Rollern die Gesellschaft teilt, und zwar entlang einer Grenze zwischen älteren und jüngeren Menschen. Und zweitens nehme ich an, dass die Roller – ganz gleich, wie sie geparkt sind – uns vor Augen halten, dass die Stadt auf Autos ausgerichtet ist, aber nicht auf Fuß-, Rad- oder Rollerverkehr.

Dass die Haltung zu den Rollern eine Frage des Alters ist, ist schon daran erkennbar, dass fast nur junge Leute diese fahren. Was nicht heißt, dass ältere Menschen nicht auch Nutzen aus den Rollern ziehen könnten, ja, vielleicht sogar Spaß bei der Fahrt hätten. Es ist aber „die Jugend von heute“, die die viel gerügten E-Scooter nutzt, was für manche Zugehörige der Gruppe „Jugend von gestern“ ausreicht, um die Dinger zu verfluchen.

Und wer die Roller (missgünstig) beim Falsch-geparkt-Sein beobachtet, wird wohl kaum Freude an ihnen entwickeln. Zudem ist die Bezeichnung „die Jugend von heute“ selbst mehrere tausend Jahre alt und damit von gestern. Sie hält sich trotzdem so hartnäckig wie das Unverständnis zwischen den Generationen.

Ein weiteres Generationenproblem: Viele derjenigen, die gegen die Roller sind (mitunter aus gutem Grund) und diese vermutlich nicht nutzen, scheinen sehr laut ihre Abneigung zu demonstrieren. Währenddessen gleitet die Jugend still mit elektrischem Antrieb (und ebenfalls aus gutem Grund) in Richtung Zukunft und beschwert sich über die vielen Abgase und die schlechten Bedingungen für nachhaltigen Individualverkehr viel zu selten.

Damit wären wir bei der zweiten Überlegung: Dass die Stadt, die vor 60 Jahren als autogerechte geplant wurde, längst überholt ist, was uns nun auf die Füße fällt. Für den nicht motorisierten Verkehr bleiben zwischen schief geparkten Autos und Rollern, den Laternenmasten und Kothaufen gerade noch 30 Zentimeter Platz. Wären Gehwege so breit wie die meisten Straßen, würde ein Roller mehr oder weniger nicht auffallen.

Wir schreiben das Jahr 2024, in dem es die Roller in Wuppertal halt gibt – in einer jungen, innovativen Stadt (das Medianalter liegt bei 43 Jahren, Wuppertal zählt zu den jüngsten Städten in NRW). Die Bedingungen sind indes noch aus den 1960ern; es fehlen nicht nur Regeln zum Gebrauch der Roller, auch die Stadtplanung muss nachziehen. Das wird, das sollte kommen.

Ein Verbot wie in Gelsenkirchen lässt sich hoffentlich nicht durchsetzen – denn es würde den vielen jungen Menschen der Stadt schaden, die die Zukunft gestalten, aber sich nicht immer am lautesten am Diskurs beteiligen.