Kommentar zur Verkehrspolitik Irgendwo muss man mal anfangen!
Wuppertal · Mit der Verkehrswende ist es etwa so wie mit der gerechten Gesellschaft. Jeder vernünftige Mensch weiß, dass wir sie brauchen – und dass wir auch nicht ewig darauf warten sollten, sie in die Tat umzusetzen. Nur wie bekommt man die Mehrheiten zusammen, die man braucht, um sie zu realisieren?
Lassen wir die gerechte Gesellschaft mal außen vor, und wenden uns der Verkehrswende zu. Denn die sorgt zurzeit im bisher unauffälligen, jetzt aber langsam Fahrt aufnehmenden Wuppertaler Wahlkampf für erste wirklich heißere Debatten. Auch bei der Wahl-Arena von Rundschau und Radio Wuppertal am Mittwoch gab es beim Thema Umwelt-, oder Bus- oder gar keine Sonderspur auf der B7 in Unterbarmen die eine und andere bissige Gesprächssituation.
Was ist die Verkehrswende? Mindestens mehr Platz, mehr Rechte und mehr Angebot für Busse, Bahnen, Fahrräder und Fußgänger. Dass Wuppertal da jede Menge Nachholbedarf hat, steht fest. Die Trasse allein – auch mit Schwarzbach-Ast oder der eines Tages realisierten Langerfeld-Trasse – kann das nicht richten. Dass sich der Streit an der B7 in Unterbarmen entzündet, ist kein Wunder: Die Straße ist überaus stark befahren, in ihrer Breite nicht zu vergrößern – und der Lärm beachtlich. Ihre Bürgersteige sind großstädtisch breit, ihre vielen Bäume geben ihr einen unverwechselbaren Charakter. Niemand wird auf die Idee kommen (dürfen), diese Atmosphäre durch Baumfällungen und/oder das Abrasieren der Bürgersteige zu zerstören. Aber natürlich ist diese Strecke auch das Herzstück einer Direktverbindung zwischen Barmen und Elberfeld. Und Radfahrer, die ihr Verkehrsmittel nicht nur als Wochenend-Pedaleros nutzen, wollen – zurecht – wie Autofahrer den schnellsten Weg fahren können.
Aktuell sieht’s so aus: Die Grünen fordern (wenigstens) eine Busspur auf der B7, CDU und SPD sind sowohl gegen eine Bus-, als auch gegen eine Umweltspur. Letztere könnten sich nach dem (dort auch immer noch umstrittenen) Düsseldorfer Vorbild Busse, Taxen, Fahrräder, E-Autos und Fahrgemeinschaften mit drei oder mehr Leuten an Bord teilen. Für die Wuppertaler SPD führt das „ins Verkehrschaos“ – vor allem in Unterbarmen. Die CDU formuliert das zwar etwas anders, sieht es aber letztlich genauso. Der CDU-Grünen-Kandidat Schneidewind will (jetzt noch) keine Sonderspur, später aber vielleicht doch.
Das zeigt: Den vierspurigen gordischen Knoten zwischen Haspel und Loh wird keiner rasch zerschlagen. „Ideologisch motivierte Schnellschüsse gilt es zu vermeiden“, so die CDU. Stimmt. Aber ideologisch motiviertes Nichtstun ist genauso gefährlich.
Ich denke, dass nur ein großer runder Tisch, an dem echte Experten Platz nehmen, neue Impulse bringt. Diesen Impulsen müsste dann allerdings parteiübergreifend auch zugehört werden. Wenn die Experten sagen „So geht es“, aber auch, wenn die Experten sagen „Hier geht das nicht.“ Sonst bleibt das Wort von der Verkehrswende eine leere Bla-Bla-Hülse. Ähnlich dem ständigen Gerede, Wuppertal hätte ja so viel Potenzial. Natürlich hat Wuppertal riesiges Potenzial. Aber wenn immer nur darüber schwadroniert wird, und niemand dieses Potenzial kraftvoll beim Schopf packt, kann man sich all das große Potenzial schlicht an die Backe schmieren.
Apropos beim Schopf packen: Genau jetzt wäre der Zeitpunkt, ein kleines, aber wichtiges Stück Verkehrswende umzusetzen. Am Laurentiusplatz in Elberfeld. Die deutlich gewachsene Außengastronomie und der Wochenmarkt zeigen, welche Chancen dieser vielleicht schönste Platz der Stadt hat. Also: Warum sich nicht einmal etwas (zu)trauen und endlich die Friedrich-Ebert-Straße vor dem Laurentiusplatz für Autos sperren? Das Gesicht Elberfelds an dieser Stelle würde sich komplett verändern – zum Guten.
Verkehrswende live: Genau hier könnte man einfach mal anfangen!