Evergreen Band „Speeds“: Rock’n’Roll statt Rente

Wuppertal · Offiziell sind die fünf Mitglieder der Band „Speeds“ im Ruhestand. Von Ruhe ist bei unserem Besuch in ihrem Vohwinkeler Proberaum aber nichts spüren. Vor allem nichts zu hören. Was die „Evergreen“-Redaktion der Rundschau von der vor 60 Jahren gegründeten Truppe zu sehen und auf die Ohren bekommt, ist handgemachter Rock’n’Roll, der uns mitreißt.

Die „Speeds“ gibt’s seit 1964 in unterschiedlichen Besetzungen. In Vohwinkel versammeln sich aktuell bei ihren Proben rund 350 Jahre musikalische Kompetenz.

Die „Speeds“ gibt’s seit 1964 in unterschiedlichen Besetzungen. In Vohwinkel versammeln sich aktuell bei ihren Proben rund 350 Jahre musikalische Kompetenz.

Foto: Christoph Petersen

Die Discokugel dreht sich. Die Scheinwerfer beleuchten die Bühne wechselweise mit grünem, rotem oder blauem Licht, setzen die Sängerin Paola, Marcel an den Drumms, Ernst am Bass, Albert an der Leadgitarre und Bernd am Keyboard in Szene. Dann legen sie los. Hauen in die Tasten, in die Saiten, die Sticks schlagen auf den Schellenkranz. Paolas kehlig-raue Stimme setzt ein. Es ertönt ein Cover des Liedes „Hanky Panky“ der Rock-Band Tom­my James & the Shondells (1966) aus den Boxen. Die „Speeds“ sind voll in ihrem Element. Ihr Groove reißt mit. Sie spielen ausschließlich Cover englischsprachiger Rock- und Beat-Musik.

Grob überschlagen befinden sich auf der Bühne rund 350 Jahre musikalische Kompe­tenz. „Bis auf Paola, unser Nesthäkchen, sind wir alle um die 75 Jahre alt“, sagt Bernd. Er und Schlagzeuger Marcel sind beide Gründungsmitglieder der Band. Die Männer erinnern sich gut daran, wie sich die Truppe im Jahr 1964 formierte: „Es war die Gründerzeit der vielen Beat-Bands, von denen sich einige schnell auf lokaler Ebene einen Namen machen konnten. Und es war bald üblich, sich in organisierten Wettbewerbsveranstaltun­gen zu messen. Da wollten wir mitmachen. Zu den ersten Proben haben wir uns im Dachgeschoss im Haus meiner Eltern getroffen. Später hatten wir im Nachbarschaftsheim am Platz der Republik unseren Probe­raum“, erzählt Marcel.

Über die Jahre wechselte gelegentlich die Besetzung. Und auch eine längere Pause legte die Band ein. Bernd: „Wir wurden halt älter. Der Beruf und die Familiengründung nahmen viel Zeit ein. Irgendwie blieb das Musikmachen mit der Band auf der Strecke. Die Liebe zur Musik aber nicht.“ Es wurde eine lange Pause, die von den 1970er Jahren bis Anfang der 2000er andauerte.

Anstoß für den Wiederbeginn war ein Telefonanruf. „Es gab da damals ein zufälliges Treffen der anderen – die sind jetzt aktuell aber nicht mehr in der Band – auf einem Geburtstag. Dann riefen sie mich an und fragten, ob ich mal wieder Lust auf gemeinsam Musikmachen hätte. So fing es alles von vorne an.“ Die Hobby-Musiker trafen sich bei „Talwärts“ zum Spielen, zwischendurch mal bei den Mitgliedern zu Hause. „Radau im Reihenhaus“ nennen sie diese Proben.

Im Jahr 2010 fanden sie ihren Vohwinkeler Proberaum, in dem sie die „Evergreen“-Redaktion besuchte. Erneut in veränderter Formation, in der zu Beginn des Artikels erwähnten. Die Wände des Raumes zieren Poster alter Auftritte wie zum Beispiel im Schwelmer L.A. Diner, bei Talwärts, einer Oldie Night, sogar in der JVA Vohwinkel oder dem Open-air-Rockkonzert in Köln-Holweide. Dort werden sie erneut am 31. August spielen.

Im Repertoire haben die Speeds über 100 Rock’n’Roll-­Hits wie „Bad moon rising“ von CCR, „Blue suede shoes“ von Elvis oder auch „Johnny B. Goode“ von Chuck Berry. Viele auswärtige Konzerte geben die Rock-Rentner aber nicht mehr. „Nur noch einige auserwählte Auftritte. Wir sind nicht mehr die Jüngsten, das schaffen wir nicht mehr, mit dem Transport des Equipments. Wir spielen und chillen jede Woche montags in unse­rem Proberaum. Da kommen dann auch mal Verwandte und Bekannte vorbei“, erklärt Bernd. Von dieser beschriebenen „Gebrechlichkeit“ ist bei unserem Besuch nichts zu sehen. Vor allem nicht bei Sängerin Paola, denn die ist erst 60 Jahre alt.

Übrigens: Der Name „Speeds“ hat keine richtige Bedeutung. „Wir konnten ja damals alle kaum Englisch. Irgendwie kam uns das Wort ,speed‘ in den Sinn und wir dachten ,Speeds‘ hört sich cool an. Unser damaliger Sänger konnte so gar kein Englisch. Wir haben ihm sogar die englischen Liedtexte in Lautschrift aufgeschrieben und er hat sie dann abge­lesen und nachgesungen“, erinnert sich Bernd.