Künstler Detlef Bach Was ist TOP an Wuppertal?

Wuppertal · Mein allergrößter Alptraum war bis dato, dass jemand mich fragen würde: „Sagen Sie mal, Herr Bach, was finden Sie TOP an Wuppertal?“

Der Wuppertaler Künstler Detlef Bach in seinem Atelier.

Foto: Bach

Schon im Traum lag ich fiebrig da, denn ich wusste, dass eine Glorifizierung unserer Wupperstadt genauso blöde wäre, wie eine ironisch, intellektuelle Koketterie mit den Mängeln und Schwächen Wuppertals. Frei nach dem Motto: Tja, ich weiß auch nicht, wie ich hierher gekommen bin.“

In meinem Atelier habe ich einmal zu meinem Besuch gesagt, dass es für mich absolut abscheuliche Ecken in unserer Stadt gäbe. Da bekam ich aber was zu hören! Wie ich denn so etwas sagen könne? „Nun“, erwiderte ich, „ich bemängele doch in einem Café auch den Cappuccino, wenn die Milch schlecht geworden ist.“ Ich glaube übrigens nicht daran, dass es tatsächlich 800 Künstlerinnen und Künstler in unserer Stadt gibt. Mein Zeichenlehrer brachte mir einst bei, dass es 800 Künstlerinnen und Künstler vielleicht weltweit gibt. Dass die alle in Wuppertal wohnen, ist sehr unwahrscheinlich.

Um diese Aussage auszuhebeln, baut sich schnell das Argument vor mir auf, dass es in Wuppertal doch eine so ungeheuer lebendige Kunstszene gäbe. Was soll ich denn darauf antworten? Das ist absolut super! Denn eine unlebendige Kunstszene ist es, die uns droht, wenn sich unsere ganze Gesellschaft so weiterentwickelt, wie sie sich scheint‘s entwickelt. Wer nur noch mit dem eigenen Überleben beschäftigt ist, mit Bausparverträgen, Aktien, Renditen und Lebensversicherungen, aber nicht mit den Grundlagen irgendeiner Kunst, der kann nie wirklich frei sein, nie wirklich autonom werden.

Zur Autonomie gehört übrigens auch, sich nicht vor eine politische Agenda spannen oder mir als Künstler etwa von Kuratoren oder Kuratorinnen vorschreiben zu lassen, nach welchen Kriterien ich meine Kunst heute noch machen darf, soll oder muss.

Wissen Sie, was TOP ist? „Ich bin am Ziel meines Herzens angelangt“: So beschrieb es Else Lasker-Schüler und fügte dann hinzu: „… aber meine Schultern heben sich, hochmütige Kuppeln.“ Übersetzt heißt das: Ich lebe unglaublich gerne in Wuppertal. Aber ich hebe ab und an die Schultern oder zucke mit den Augenbrauen, verziehe gar das ganze Gesicht, wenn mir hier etwas missfällt. Das hat Wuppertal verdient, denn ich nehme diese Stadt tatsächlich ernst.