Elberfelder Innenstadt Kaufhof-Immobilie: „Leerstand ist wie ein Virus“
Wuppertal · Der Rat hat allen Plänen der Stadtspitze für eine schulische Nutzung des Kaufhof-Gebäudes eine Absage erteilt. Der Einzug der Stadtbibliothek soll aber weiter geprüft werden – als eine von mehreren möglichen Standort-Optionen. Was macht das mit den Planungen des Projektentwicklers Coinel, der exklusiv mit dem Objekt-Eigentümer zusammenarbeitet? Die Rundschau hat beim Düsseldorfer Unternehmen nachgefragt.
Wichtiges Basiswissen in der Diskussion um die Wuppertaler Kaufhof-Immobilie: Das Haus gehört dem US-amerikanischen Firmenkonstrukt Apollo/Lapithus, das zu den größten Investment- und Beteiligungsunternehmen der Welt zählt. Bei der Entwicklung seiner Objekte in Deutschland arbeiten die Amerikaner mit der Coinel Development GmbH in Düsseldorf zusammen. Deren Geschäftsführerin Nicole Höhr war daher irritiert über den Vorstoß der Wuppertaler CDU, die vor zwei Wochen in Eigenregie Nutzungsideen des ebenfalls in Düsseldorf ansässigen Projektentwicklers AIP präsentiert hatte.
Höhr sagt jetzt: „Wir müssen hier klarstellen: Der Eigentümer möchte ohne uns keine Gespräche führen, sonst gibt es Missverständnisse! Wir kennen Apollo/Lapithus schon länger und sind an mehreren Standorten gemeinsam partnerschaftlich aktiv. Alle unsere Gespräche mit dem Oberbürgermeister und die Termine vor Ort in Wuppertal haben in Abstimmung mit dem Eigentümer stattgefunden.“
Coinel hat sich als Unternehmen auf die Fahne geschrieben, Immobilien als Startpunkt positiver gesellschaftlicher Veränderungen zu entwickeln. Das Thema Bildung spielt daher bei vielen Referenzobjekten des Büros eine zentrale Rolle – und das soll trotz der aktuellen Signale aus der Politik auch beim Kaufhof weiter so sein.
Nicole Höhr dazu: „Immobilien wie das Wuppertaler Kaufhof-Gebäude sind keine Selbstgänger. Wir kennen uns mit Einzelhandelskonzepten sehr gut aus und haben uns lange mit entsprechenden Assets beschäftigt. Einzelhandelsnutzungen gingen lange sehr gut, Wuppertal war ja früher auch ein bedeutender Einkaufs-Ort und der Kaufhof ein tolles Haus. Jetzt ist der Einzelhandel bei Neustrukturierungen nicht mehr dominierend, sondern nur noch als Ergänzung einer anderen zentralen Säule wichtig. Bildungsthemen sind da eine gute Möglichkeit, auch im Hinblick auf die Stadtentwicklung. Wir denken das immer vom Bedarf her – und der Bedarf an Bildungseinrichtungen ist sehr groß.“
Beim Kaufhof könnte die Stadtbibliothek aus Sicht von Coinel weiter diese zentrale Säule sein, wenn die Politik das Vorhaben mitträgt. Als Projektentwickler ist Coinel übrigens mehr als nur reiner Planer: „Wir sind auch Investoren und kaufen mit unseren Partnern solche Häuser wie den Kaufhof. Das ist Teil unseres Commitments“, erklärt Nicole Höhr die Rolle ihres Unternehmens. Und fügt hinzu: „Man darf nicht unterschätzen, dass es hier nicht um reinen Idealismus geht. Die Besitzer wollen nach dem Ausstieg des Kaufhofs als Mieter verkaufen.“
Die Antwort auf die Frage, ob sich für Coinel ein Einstieg lohnt, hängt auch vom Zeitfaktor ab. Denn die Abwärtsspirale in der Innenstadt hat natürlich auch Einfluss auf die Investitionsbereitschaft. Mehmet Congara, Senior-Projektentwickler bei Coinel und selbst Wuppertaler: „Der Leerstand eines Objekts wie der Kaufhof-Immobilie hat auch in besten Lagen dramatische Auswirkungen auf das Umfeld. Leerstand ist wie ein Virus, der die ganze Umgebung einnimmt.“
Die bisherige Zusammenarbeit mit den Akteuren in Wuppertal hat Coinel durchaus positiv empfunden. Man habe mit dem Oberbürgermeister intensiven Kontakt und auch mit Dezernent Matthias Nocke guten Kontakt zu den Schulthemen. Auch mit SPD, Grünen und FDP habe es Gespräche gegeben, nur mit der CDU seien keine zustande gekommen. Dass Coinel mit seinen Planungen in Wuppertal auch ins aktuelle kommunalpolitische Kreuzfeuer zwischen Stadtspitze und Ratsmehrheit gerückt ist, haben die Düsseldorfer inzwischen natürlich gemerkt. Recht ist ihnen das nicht. Unternehmenssprecher Michael Krisch: „Wir sind unpolitisch. Uns geht es um die Entwicklung einer Immobilie und eines Quartiers.“
Was dieser Entwicklung noch entgegenstehen könnte, ist das Denkmalschutz-Thema. Im Raum steht bekanntlich seit Ende Mai die Absicht des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), die gesamte Kaufhof-Fassade in ihrer aktuellen Form sowie die Parkhaus-Spindel unter Denkmalschutz stellen zu wollen. Für Nicole Höhr ist das ein Knackpunkt: „Beim Kaufhof ist die Natursteinfassade natürlich gesetzt. Aber bei der Parkhaus-Spindel muss man schon hinterfragen, ob es gerechtfertigt ist, sie zu erhalten und weiter zu nutzen. Es ist schwer vorstellbar, dass neue Nutzungskonzepte noch Parken auf dem Dach vorsehen.“ In diesem Punkt ist man sich auch mit der Wuppertaler Politik einig.
Bleibt die Frage, welche Nutzung wirtschaftlich realistische Perspektiven bietet. „Wir sind sehr kreativ darin, neue Orte zu erfinden, und beschäftigen uns natürlich damit, was wir selbst hinkriegen können. Aber je kleinteiliger das wird, desto schwieriger wird das finanziell und technisch. Ich glaube nicht, dass es ohne Zentralbibliothek als Ankermieter hier ein Konzept gibt, das funktioniert“, so Nicole Höhrs Blick auf die leer stehenden rund 30.000 Kaufhof-Quadratmeter.
Das gelte auch für die ins Spiel gebrachten Hotel- oder Boardinghouse-Ideen. Die Hauptfrage laute schließlich: Gibt es einen konkreten Bedarf für diese Konzepte? Im Übrigen müsse auch bei einer Bibliothek nicht zwingend um 17:30 Uhr das Licht ausgehen. Höhr: „Das hat die Stadt ja selbst in der Hand.“