Interview mit Ex-WSV-Vorsitzendem Friedhelm Runge "Lebendigen Verein übergeben"

Wuppertal · WSV-Finanzvorstand Lothar Stücker hatte in der Rundschau gesagt: "Fakt ist, dass der Verein überschuldet und zahlungsunfähig war. Zum Glück konnten wir den völligen Untergang vermeiden." Worte, die der ehemalige Vorsitzende Friedhelm Runge nicht auf sich sitzen lassen will.

Januar 2013: Friedhelm Runge erklärt seinen Rücktritt.

Foto: Dirk Freund

Rundschau: Herr Runge, warum ergreifen Sie jetzt nach so langer Zeit das Wort?

Runge: Seit meinem Rücktritt im Januar 2013 habe ich keinen Kommentar mehr in der Öffentlichkeit getätigt. Da aber das Hauen und Stechen der "Initiative 2.0" in meine Richtung nicht aufhört und immer wieder in dem Vorwurf gipfelt, dass ich den Verein mit 5,4 Millionen Euro Schulden im Stich gelassen hätte und eine Insolvenz absolut notwendig gewesen sei, muss ich mich melden.

Rundschau: War der WSV denn nicht zahlungsunfähig?

Runge: Herr Eichner hat sich als erfolgreicher Firmensanierer vorgestellt, Herr Stücker ist Gesellschafter einer Sozietät (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt). Die beiden Herren sollen doch der Öffentlichkeit, insbesondere den Mitgliedern, einmal erklären, wie ein mittelloser Verein an 5,4 Millionen Euro Schulden kommt, ohne dafür die notwendigen, banküblichen Sicherheiten zu stellen. Richtig ist, dass ich Darlehenskonten für den WSV, aber mit meiner alleinigen Bürgschaft eingerichtet und zur Verfügung gestellt habe, die sechsstellige Summen beinhalteten. Diese Darlehen mussten selbstverständlich von meiner Person alleine getilgt werden. Ebenso richtig ist, dass ich dem WSV rund 2,5 Millionen Euro als Darlehen zur Verfügung gestellt habe , die ich aber nicht zurückhaben wollte, sofern das für mich und den Verein keine steuerlichen Probleme gibt. Die Antwort auf die Frage der Patronatserklärung, eigentlich einfachste Dinge in einem funktionierenden Verein, hat das Landgericht eindeutig geklärt und entschieden.

Rundschau: Sind Sie wirklich der Meinung, der WSV war Anfang 2013 "gesund"?

Runge: Bei meinem Rücktritt habe ich einen lebendigen Verein übergeben. An Leute, die sich immer wieder lautstark bemerkbar gemacht haben mit Thesen wie "Runge muss weg, danach stehen Sponsoren Schlange, danach kann es dem WSV nur besser gehen". Leute wie Jörg Heynkes, immerhin IHK-Vizepräsident, und Thorsten Dohrs haben sich besonders hervorgetan. Heynkes mischt ja immer und überall publikumswirksam mit. Unvergessen ist sein sehr "demokratischer" Vorschlag, den Stadtrat nach altrömischem Recht durch "Senatoren" zu ersetzen. Und bei "Wuppertal 3.0" hat er sich in der OB-Frage auch nicht in die Verantwortung nehmen lassen. Was mich sehr ärgert: Einige Medien haben sehr einseitig berichtet, das alles vorbehaltslos unterstützt und absolut nicht recherchiert.

Rundschau: Haben Sie selbst denn keine Fehler gemacht?

Runge: Leider ja. Wir haben oft an die 2. Liga angeklopft, leider hat es nicht ganz geklappt. Unvergessen ist auch das DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern und viele andere positive Ereignisse. Fehler habe ich gemacht zum Zeitpunkt der Wirtschaftskrise 2009/10, wo ich mich nur noch um EMKA kümmern musste. Zeit für den Verein hatte ich nicht mehr. Dem Verwaltungsrat hatte ich die Aufgabe gestellt, den "WSV nach Friedhelm Runge" aufzustellen. Achim Weber und Markus Bayertz wurden auch dafür bezahlt, einen Freundeskreis und Wirtschaftsrat zu gründen. An den meisten Besprechungen habe ich aus Zeitgründen nicht teilnehmen können. Im Februar 2011 wurde mir das Ergebnis "Erfolg gleich Null" bekannt gegeben. Um den WSV überhaupt in der Regionalliga zu halten, musste ich eine Bürgschaft über etwa 800.000 Euro abgeben, um noch die Lizenz für die Regionalliga 2013 zu erhalten. Das war mein Fehler — der Rücktritt vom Rücktritt!

Rundschau: Ist das Thema WSV für Sie abgeschlossen?

Runge: Dabei bleibt es. Juristisch gibt es noch einiges aufzuarbeiten, etwa die anonyme Anzeige wegen des angeblichen Betrugs bei den Sozialabgaben. Ich habe alles meinem Anwalt übergeben, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Rundschau: Hatte Velbert zuletzt einen höheren Etat als der WSV?

Runge: Laut Medienberichten lag der des WSV bei einer Million Euro. Die Velberter sind mit einem Gesamtetat von 620.000 Euro aufgestiegen. Dabei hat die SSVg. die Jugendarbeit nicht vernachlässigt und die zweite Mannschaft in der Bezirksliga gehalten. Meiner Meinung nach macht es keinen Sinn, Jugendarbeit zu betreiben, wenn die entsprechenden Jugendlichen sich nicht über die zweite Mannschaft anbieten können.