"Andere sind etablierter"

Wuppertal / Solingen · Interview mit Sebastian Hinze, Trainer des Handball-Bundesligisten BHC, über die vergangene und die kommende Saison.

Sebastian Hinze: Große Leidenschaft an der Linie.

Foto: Dirk Freund

Rundschau: Herr Hinze, wie oft werden Sie eigentlich noch mit Torsten Frings verwechselt?

Hinze: Als ich 2006 während der Fußball-WM in Deutschland beim "Public Viewing" mitgemacht habe, da war das in der Tat ein "Running Gag". Aber inzwischen kommt damit keiner mehr.

Rundschau: Weil Sie selbst zur Persönlichkeit geworden sind. 2013 wurden Sie mit Ljubomir Vranjes von der SG Flensburg-Handewitt zum Trainer des Jahres gewählt. Viele machen den Aufschwung des BHC an Ihnen fest ...

Hinze: Ich tue mich schwer, mit externem Lob umzugehen, da es sich dabei primär um eine Beurteilung der Resultate handelt. Aber natürlich freut mich solch eine Anerkennung, und es verdeutlicht die positive Entwicklung des BHC.

Rundschau: Wie haben Sie selber die abgelaufene Saison analysiert?

Hinze: Wir haben den Umbruch mit fünf Ab- und drei Zugängen gut bewerkstelligt. Sehr zufrieden war ich mit unserem Deckungssystem. Das haben wir mit Leidenschaft umgesetzt und so dafür gesorgt, dass wir den Klassenerhalt vor allem über die Heimspiele geschafft haben. Zudem haben wir in der gesamten Saison lediglich einmal drei Spiele in Folge verloren. Wir hatten uns allerdings vorgenommen, dass dies gar nicht passiert.

Rundschau: Nach oben ist also Luft ...

Hinze: Ja, aber für diese Weiterentwicklung bedarf es sehr viel Arbeit. Das ganze Gebilde muss noch wachsen.

Rundschau: Ist der Klassenerhalt eigentlich schwieriger zu schaffen, wenn wie in diesem Jahr von 19 Mannschaften vier absteigen — oder wenn wie normal üblich von 18 Teams drei runter müssen?

Hinze: Also, diese Saison war schon eine Hammer-Nummer. Weil auch die Qualität der Aufsteiger hoch war. Aber viel einfacher wird es in der neuen Saison auch nicht werden. Wer das glaubt, der hinkt sofort hinterher. Aufsteiger ThSV Eisenach hat mit der direkten Rückkehr in die Bundesliga seine Stärke bewiesen, und Neuling Leipzig startet schon allein wegen Stefan Kretzschmar im Hintergrund mit großen Ambitionen.

Rundschau: Mit welchem Ziel startet der BHC dann in die Saison?

Hinze: Wir wollen erneut den Klassenerhalt schaffen.

Rundschau: Klingt vorsichtig ...

Hinze: Nein, realistisch. Sehen Sie, wir gehen schließlich erst ins dritte Bundesliga-Jahr in Folge. Andere Vereine sind da viel etablierter und können dennoch Probleme bekommen. GWD Minden hat es sogar erwischt, aber auch Hannover, Nettelstedt und Lemgo schwebten lange in Abstiegsgefahr. Es wäre vermessen zu sagen, das kann uns nicht mehr passieren.

Rundschau: Wo lauern die Gefahren?

Hinze: Bei den Kleinigkeiten, die sich nicht beeinflussen lassen. Das kann zum Beispiel der Spielplan sein. Wenn wir gegen viele Top-Teams beginnen, dann drohen wir in der Tabelle hinterherlaufen zu müssen. Das ändert die mentale Verfassung. Oder es gibt Verletzungen. In der abgelaufenen Saison hatten wir Glück, dass es uns erst spät erwischt hat. Zuvor wurden wir verschont und sind dadurch nicht in einen Negativ-Lauf geraten.

Rundschau: Sondern haben teilweise furiose Spiele abgeliefert. Was von Sport1 jedoch ungewürdigt blieb. Sind Sie nicht enttäuscht?

Hinze: Von den Leistungen her hätten wir sicherlich die eine oder andere Live-Übertragung verdient gehabt. Wenn man sieht mit welcher Spannung, Leidenschaft und spielerischer Qualität es dieses Jahr im unteren Drittel der Tabelle zuging, ist das herausragende Werbung für die Sportart Handball und gehört ins TV.