Großes Interesse an Privatschulen „Unser Telefon klingelt Sturm“
Wuppertal · Der Umgang mit der Corona-Situation und der Lehrermangel an öffentlichen Schulen befeuert das Interesse an Privatschulen. Das spürt auch die Elberfelder Herder-Schule als älteste Privatschule in der Region.
Die Anzahl der Privatschülerinnen und -schüler wächst schon seit den 1960er Jahren kontinuierlich, mittlerweile besucht jeder elfte Schüler in Deutschland eine Privatschule. Dass die Nachfrage schon seit einigen Jahrzehnten das Angebot übersteigt, liegt darin begründet, dass es strenge Auflagen für die Gründung privater Schulen gibt.
Jetzt ist der Druck auf die bestehenden Privatschulen durch den chronischen Lehrermangel im staatlichen System und die Corona-Situation noch einmal gewachsen. Viele unzufriedene Eltern mit entsprechenden finanziellen Mitteln suchen in dieser Situation offensichtlich nach Alternativen.
„Seit dem ersten Lockdown im März 2020 klingelt unser Telefon Sturm. Besonders Jugendliche, die gerade die Pubertät durchlaufen, haben unter den Umständen zu leiden. In der gesamten Mittelstufe arbeiten wir mit langen Wartelisten“, berichtet Schulleiterin Britta Norpoth von der Herder-Schule im Luisenviertel, die dieses Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum feiert.
Ihre Erklärung für den Run auf die Privatschulen ist deren Flexibilität: „An einer privaten Schule ist der Träger oft eine einzelne Person oder ein Verein. Viele private Träger sind nur für eine einzige Schule verantwortlich. So werden Entscheidungen unbürokratisch und schnell getroffen. Das beste Beispiel war hier der Online-Unterricht. Während öffentliche Schulen wochenlang ein Konzept für Distanzunterricht entwickelt haben, hat die Herder-Schule Wuppertal nach der Verkündung der Schulschließung am Freitag, 13. März 2020, über das Wochenende ein Konzept ausgearbeitet, montags das Lehrpersonal geschult, dienstags die Eltern und Schüler, und ab Mittwoch den Stundenplan eins zu eins über Zoom aufrechterhalten.“
Auch Investitionen wie die in Luftfilter und Kohlendioxid-Messgeräte in allen Klassenräumen hätten an der Privatschule im Luisenviertel kurzerhand beschlossen und umgesetzt werden können.
Nach Britta Norpoths Einschätzung zeigt sich diese Agilität nicht nur in Krisen, sondern auch im allgemeinen Schulalltag: An der Herder-Schule habe man zum Beispiel beobachtet, dass Schüler, die in der Grundschule Schreiben nach Gehör gelernt haben, auch in höherem Alter noch größere Defizite in der Rechtschreibung vorweisen.
Um dem entgegenzuwirken, hat die Herder-Schule das Fach „Rechtschreibübung“ eingeführt. Außerdem wurde entschieden, die Kernfächer Deutsch, Englisch und Mathematik mit erhöhter Stundenzahl zu unterrichten.