Neue Bücher aus Wuppertal Frauen, Gedichte, Revolution

Wuppertal · Lust aufs Lesen? Hier sind fünf ganz verschiedene neue Bücher.

Die Cover von „Felines Fratze“ und „Heimweh nach dem Paradies“.

Foto: MLBooks

Frau im Konjunktiv von Kerstin Kempker, die aus Wuppertal stammt, ist ein Text, der sich entzieht. Eine Erinnerungs- und Verinnerlichungsreise – aus drei weiblichen Perspektiven im Winter an der Ostsee. Sind alle Erzählerinnen dieselbe Person? Kerstin Kempkers Stil – das galt schon für ihre Bücher „Nur die Knochen“ und „Bruderherz“ – bewegt sich auf hohem Niveau, ist soghaft, vergleichbar einem anspruchsvollen Schwarz-Weiß-Film in der Nacht. In „Frau im Konjunktiv“ ergibt sich zudem durch eine große Menge von Fußnoten quasi eine zweite Text-Ebene. Das alles liest sich nicht einfach so weg. Im Gegenteil. Aber Sätze wie „Am Meer enden die Geschichten, sagte die Frau ...“, vergisst man nicht. Erschienen bei Matthes & Seitz für 20 Euro.

Weiblich ist auch die Perspektive in Felines Fratze aus der Feder der Wuppertaler GEDOK-Literaturförderpreisträgerin Marina Jenkner. Der knapp 290-seitige Roman schildert das Schicksal der Werbefachfrau und Influencerin Feline, die von einer mehrmonatigen Gesichtslähmung aus der Bahn geworfen wird. Und aus ihrer Welt von Schönheit und Social-Media-Clicks. Marina Jenkner erzählt diese Geschichte sehr detailgetreu und realistisch. Sie beschönigt nicht, färbt nicht rosa. Felines Weg zurück ist lang. Doch auf sehr individuelle Weise gelingt er. Der Roman erreicht nicht die Intensität von „Blaue Ufer“ von vor zwei Jahren. Aber das sehr menschliche Schreiben über Menschen, das gelingt Marina Jenkner auch bei „Felines Fratze“. Erschienen bei MLBooks für 13,90 Euro.

"Heimweh nach dem Paradies", herausgegeben von Hermann Schulz und Lutz Kliche, erzählt von Ernesto Cardenals Leben in Texten und Bildern. Erschienen ist das sehr schön gestaltete Buch im Wuppertaler Peter-Hammer-Verlag - und kostet 28 Euro.

Foto: Peter-Hammer-Verlag

Ein besonderer Mensch war der nicaraguanische Dichter, Priester und Revolutionär Ernesto Cardenal. Zum 100. Geburtstag des 2020 verstorbenen Mannes, der mit Wuppertal und vor allem mit Hermann Schulz, dem früheren Leiter des hiesigen Peter-Hammer-Verlages, eng verbunden war, gibt es jetzt Heimweh nach dem Paradies. Hermann Schulz und der Übersetzer Lutz Kliche haben als Herausgeber einen starken, emotionalen, informativen und außergewöhnlich schön gestalteten Band publiziert, der Cardenals Leben in Texten und Bildern Revue passieren lässt. Beeindruckende Fotos begegnen intensiven Gedichten und sehr persönlichen Erinnerungen. Vergangenheit wird lebendig. Und die Wut über die verratene Revolution in Nicaragua tut sehr weh. Erschienen im Peter-Hammer-Verlag für 28 Euro.

Wer es mal ganz, ganz anders mag, greift zu Sprung, dem neuen Band des Wuppertaler Soundpoeten und Performers Mitch Heinrich, der sich selbst auch einen „Lyrhythmiker“ nennt. Was mit Sprache machbar ist, wenn Wörter, Silben und Buchstaben zum experimentellen optischen und literarischen Material werden, zeigt sich hier live auf 140 Seiten. Entweder es stehen einem die Haare zu Berge, oder man klatscht in die Hände vor Freude. Oder beides. Unbedingt laut (vor-)lesen. Sonst macht’s nur den halben Spaß. Erschienen bei „Der gesunde Menschenversand“ für 19 Euro.

Zum Schluss die neue Gedichtsammlung ernstHaft – finde den Fehler des Wuppertaler Lyrikers Mattias Rürup. 115 Seiten Selbstreflektion, Selbstgespräch, Selbstkritik. Viele sehr nachdenkliche, zweiflerische, auch nachgrübelnde Begegnungen mit dem eigenen Ich und dem jeweiligen Gegenüber. Kommt nicht leichtfüßig daher. Das muss man schon mögen. Erschienen bei Books on Demand (BoD) für zehn Euro.