Prozess vor dem Wuppertaler Landgericht 120 Euro Schweigegeld für Missbrauch

Wuppertal / Euskirchen · Wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen und wegen versuchter Vergewaltigung hat sich ein 70-jähriger aus Euskirchen aktuell vor dem Wuppertaler Landgericht zu verantworten. Der selbständige Werbefachmann soll einen mittlerweile 15-jährigen Jungen aus Wuppertal mehrfach zu sexuellen Handlungen genötigt haben.

Der angeklagte Euskirchener und sein Anwalt vor Gericht.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Vor vier Jahren sollen sich Täter und Opfer erstmals in einem Friseursalon begegnet sein. Von dort aus sei man in die Wohnung des Angeklagten gefahren, der sexuelle Handlungen an dem damals Elfjährigen vorgenommen und ihn dafür bezahlt haben soll. Bei einer weiteren Begegnung habe das Opfer den Analverkehr abgelehnt und damit gedroht, seinen Eltern davon zu erzählen. Sein Schweigen habe sich der Angeklagte mit 120 Euro erkauft. Der dritte Übergriff soll sich im April 2019 zugetragen haben – auf einem Parkplatz in Vohwinkel.

Ursprünglich angeklagt waren 74 Einzeltaten, von denen nur drei vom Gericht zur Verhandlung zugelassen worden sind. Von Gerichtssprecher Arnim Kolat war dazu zu hören, dass konkret ermittelt werden müsse, wann und wo sich die jeweiligen Übergriffe zugetragen haben sollen. Dazu hatte das Opfer bislang offenbar keine ausreichenden Angaben gemacht, so dass diese Taten dem Angeklagten im juristischen Sinne nicht vorgeworfen werden können. Auch zur Zeugenvernehmung war der 15-Jährige nicht gekommen – stattdessen saß dessen Vater im Zeugenstuhl. Der 45-jährige Rumäne berichtete von Schwierigkeiten bei der Erziehung seines Sohnes. Der höre nicht mehr auf ihn und mache, was er wolle. Der Vater war es offenbar auch gewesen, der den sexuellen Missbrauch zur Anzeige gebracht hatte, nachdem er Fotos auf dem Handy seines Sohnes gesehen hatte. „Da war mir alles klar“, ließ er das Gericht wissen.

Sein Sohn habe ihm gegenüber vom Angeklagten als netten Mann gesprochen, der eine Frau und Kinder habe. Mit diesen sei er angeblich befreundet und, glaubt man dem, was der Richter bislang aus den Akten preisgab, soll der Junge hunderte Male mit dem Angeklagten in europäische Städte gereist sein. Für den Missbrauch soll der Junge von dem 70-Jährigen regelmäßig Geld bekommen haben.

Gleich nach Beginn des Prozesses musste er allerdings von der Kammer allerdings auch schon wieder ausgesetzt werden. Der Angeklagte wollte sich zu den Tatvorwürfen nicht einlassen, das Opfer konnte wegen Abwesenheit nicht vernommen werden. Gutachterliche Termine für eine vom Gericht angeordnete, aussagepsychologische Untersuchung hatte der 15-Jährige ebenfalls verstreichen lassen. Jetzt soll es noch einen letzten Versuch eines Gesprächs mit dem Gutachter geben, auch um möglicherweise konkretere Aussagen zu den 71 nicht angeklagten Taten zu erhalten.

Frühestens im Mai soll der Prozess dann fortgesetzt werden –  sollte der 15-Jährige auch dann nicht vor Gericht erscheinen, kann er polizeilich vorgeführt werden.