Helge Lindhs Bürgerbeirat „Wie die Gesellschaft im Kleinen“

Wuppertal · Ein neues Beteiligungsformat hat jetzt der Wuppertaler SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh an den Start gebracht: Es geht um einen sehr gemischt besetzten Bürgerbeirat, der über mehrere Jahre sowohl kommunale als auch überregionale Themen in den Blick nehmen soll. Rundschau-Redakteur Stefan Seitz sprach mit Helge Lindh.

SPD-Bundestagsabgeordneter Helge Lindh.

Foto: Christoph Petersen

Rundschau: Was ist bei „Ihrem“ Bürgerbeirat, für den es ja schon ein erstes Kennenlern-Treffen gab, anders als etwa bei Planungszellen, Bürger-Werkstätten oder den bekannten Bürger-Foren?

Lindh: „Wir haben bewusst versucht, uns so breit aufzustellen, dass man über den Kreis der ‚üblichen Verdächtigen‘ und sozusagen Polit-Profis, die sich stets engagieren, hinauskommt. Auf unsere Aufrufe in unterschiedlichen Medien haben sich Hunderte von Menschen gemeldet, die Richtgröße für den Beirat liegt bei 20 bis 25. Wir wollen die Generationen und Geschlechter, die Stadtteile, die sozialen Schichten, die Berufsgruppen, Schüler, Studenten, Rentner, kurz gesagt, einen Querschnitt der im Idealfall wirklich gesamten Stadtgesellschaft in unserem Kreis willkommen heißen. Um dann Themen der Zeit und Themen der Stadt zu besprechen, die den Menschen auf den Nägeln brennen.“

Rundschau: Was erhoffen Sie sich von diesen Gesprächen?

Lindh: „Ich sehe darin die Chance einer echten Begleitung politischer Arbeit. Wie sehen die Menschen die Lage in Stadt und Land? Welche Ideen haben sie? Helfen die Programme und Maßnahmen, die wir Politiker in Berlin auf den Weg bringen, den Menschen, die wir im Blick haben, eigentlich wirklich? Um solche und ähnliche Fragen soll es gehen. Dabei wollen wir wirklich offen sein in der Diskussion. Es wird auch darum gehen, andere Meinungen auszuhalten. Und sich gemeinsam zu fragen: Bekommen wir jetzt gemeinsam einen Lösungsvorschlag hin? Wie das ausgeht, ist offen. Ich sehe diese Form des Bürgerbeirates auch als Real-Labor des gegenseitigen Respektes.“

Rundschau: Das Ganze soll über mehrere Jahre laufen. Von welcher Frequenz ist da die Rede?

Lindh: „Der Beirat soll mindestens bis zur nächsten Bundestagswahl 2025 tagen. Geplant ist, sich vier bis sechs Mal pro Jahr innerhalb der Woche abends an unterschiedlichen Orten in der Stadt für jeweils etwa zwei bis drei Stunden zu treffen. Das ist anspruchsvoll, aber keine Überforderung. Übrigens wird es auch externe Moderation geben sowie Themenmaterial, Lagebilder beziehungsweise ab und zu Impulsreferate von Experten.“

Rundschau: Sie wollen es dem Beirat selbst überlassen, welche Themenschwerpunkte er sich setzt. Womit rechnen Sie? 

Lindh: „Sicher wird es um die Energiekrise gehen, die eine große Armutsbedrohung ist. Dann natürlich das Thema Klima. Und immer wieder auch Wuppertal mit seinen spezifischen Problemen. Ich glaube, dass die Zukunft der Stadt die Menschen sehr interessiert. Allerdings ist diese Form von Bürgerbeirat, so bunt gemischt und über mehrere Jahre tagend, in dieser Form etwas Neues. Da kann es auch echte inhaltliche Überraschungen geben. Für mich waren schon die ersten Gespräche sehr spannend.“

Rundschau: Wann wird es losgehen, und was können die Mitglieder des Beirates in Sachen Ergebnisse erwarten?

Lindh: „Wir starten richtig vor dem Jahresende. Wenn der Beirat zu Beschlüssen kommt, werden sie veröffentlicht. In Wuppertal und auch in Berlin. Alles wird nachvollziehbar, transparent und ehrlich ablaufen. Dazu gehört auch ein sogenanntes Erwartungsmanagement, denn niemand darf glauben, dass die Umsetzung von Beschlüssen sofort erfolgen kann. Wir werden unsere ,Bilanzen‘ öffentlich machen sowie auch Mediengespräche mit den Beiratsmitgliedern, die dazu bereit sind, anbieten. Geld gibt es übrigens für die Teilnahme nicht, aber ich kümmere mich natürlich um das Catering oder, falls einmal Not am Mann sein sollte, um Transport oder beispielsweise Kinderbetreuung.“

Rundschau: Sie sagen, dieses Bürgerbeirats-Format sei in seiner Art neu. Das birgt auch Risiken ...

Lindh: „Ja, das Risiko ist, dass es ,zu kühl’ oder ,zu heiß‘ werden könnte. Das große Potenzial aber, das ich sehe, ist der Themen-Input von Nicht-Politprofis für die Arbeit eines Profi-Politikers. Denn so, wie der Bürgerbeirat aufgebaut und zusammengesetzt ist, funktioniert er ja wie die Gesellschaft im Kleinen. Das ist doch genau das, was Politik ausmacht. Und das, was sie so spannend macht. Deswegen wünsche ich mir, dass dieser Bürgerbeirat nicht etwas Einmaliges bleibt, sondern zu einer dauerhaften Einrichtung wird.“